Auf den Medientagen wurde über Paid-Content-Modelle diskutiert. Der „Kurier“ hat schon konkrete Pläne.
Die Österreichischen Medientage sind heuer auf der Suche nach dem „Mehrwert durch Kommunikation“ – und sie suchen, vornehmlich im digitalen Bereich, auch nach einem finanziellen Mehrwert für die Branche. Paid Content heißt das Zauberwort – das in Österreich kaum einer ausspricht. Die Verleger liefern nach wie vor qualitativ hochwertige Inhalte gratis via Internet – „und jetzt hört auf, alles gratis anzubieten!“, forderte Duco van Lanschot die Branche auf. Er vermarktet den digitalen Kiosk Blendle, der vor wenigen Tagen sein Angebot für Deutschland gestartet hat – und derzeit die Lage auf dem österreichischen Markt sondiert. Dort gebe es viel Interesse, sagt Lanschot – nur ließen sich Inhalte, die die Verlage im Internet verschenken, schwer kostenpflichtig über einen Onlinekiosk verwerten. Offenbar kommt es da auf dem Markt nun aber zu einem Umdenken: Martin Gaiger, Geschäftsführer von Kurier Digital, hat angekündigt, die Zeitung wolle rund um den Jahreswechsel zu einem Paid-Content-Modell wechseln, bei dem Leser einzelne Artikel kostenpflichtig im Internet lesen können.
„Wir besitzen die Technologie, um Bezahlsysteme umzusetzen“, so Gaiger – aber lieber würde er auf einen externen Anbieter zugreifen. Blendle kommt dabei ebenso infrage wie andere: „Wir schauen uns erste Reihe fußfrei an, wer sich durchsetzt.“ Alle Verleger hätten „Angst vor dem ersten Schritt“, keiner wolle der Erste sein, der Geld verlangt. Er gehe davon aus, dass ein „Kurier“-Artikel 35 bis 50 Cent kosten wird, mit Aufschlag für Exklusivgeschichten bzw. Abschlag für User, die bereits Artikel gekauft haben.
Zeiler und das digitale Lagerfeuer
Zum Auftakt der 22. Medientage hatte zuvor Gerhard Zeiler eine Keynote mit Wahlwerbecharakter gehalten. „Die Gesellschaft braucht das Lagerfeuer“, so der Titel, doch der ehemalige ORF-General und jetzige Chef von Turner Broadcasting, der als SPÖ-Kanzlerreserve gilt, hat nicht über das Fernsehen gesprochen, sondern über die „größere Dimension“ der Digitalisierung, über eine „neue industrielle Revolution, deren Auswirkungen auf das Arbeits- und Sozialsystem wir nur erahnen können“. Europa müsse Regeln und Gesetze für die digitale Welt einführen, die im Einklang mit den europäischen Wertvorstellungen stehen – „mit unserem Lagerfeuer“. Und speziell die Österreicher müssten ihr „Misserfolgsvermeidungsdenken“ ablegen, mahnte Zeiler in seinem sehr politischen Impulsreferat: „Wir müssen anpacken!“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2015)