Deutschland schafft "Transitzonen" an Grenze

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Die Asylverfahren sollen künftig auch direkt an der Landesgrenze abgewickelt werden, kündigt Innenminister De Maiziere an. Österreich könnte nachziehen.

Der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere hat nach einem Bericht am Vorabend am Mittwoch seine Pläne für ein Asylverfahren direkt an den Landesgrenzen offiziell angekündigt. Sein Ministerium bereite ein Gesetz für diese Verfahren vor, wie sie schon an den Flughäfen umgesetzt würden, sagte der Christdemokrat am Mittwoch dem Sender RBB-Inforadio.

Mit dem Verfahren in sogenannten "Transitzonen" soll die Zahl der Ankommenden verringert werden, indem Asylsuchende ohne Aussicht auf einen Verbleib bereits dort abgewiesen werden. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) will ein ähnliches Verfahren auch in Österreich einführen, wenn Deutschland diesen Schritt setze, sagte er am Dienstagabend im Interview mit der ORF-Sendung "Report".

Durch EU-Recht gedeckt

De Maiziere betonte, ein solches Verfahren sei durch EU-Recht gedeckt. "Wir müssen zwei EU-Richtlinien umsetzen, einmal eine Aufnahme-Richtlinie und dann eine Asylverfahrensrichtlinie", sagte der deutsche Innenminister. Deutschland ist bei der Umsetzung der beiden Richtlinien säumig und wurde deswegen schon von der EU-Kommission gerügt.

"In einer dieser Richtlinien werden die Nationalstaaten zu sogenannten Landverfahren an der Grenze ermächtigt", erläuterte de Maiziere. "Wir kennen das vom Flughafenverfahren. Man kann schon jetzt jemand am Flughafen festhalten, prüfen, ob sein Asylantrag offensichtlich unbegründet ist und ihn zurückschicken." So etwa schwebe ihm in Umsetzung dieser EU-Richtlinie auch vor, fügte de Maiziere hinzu, "und das wird jetzt sicher diskutiert".

Ö: Abgestimmtes Vorgehen mit Deutschland

Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) hat am Mittwoch im Ö1-"Mittagsjournal" angedeutet, dass Österreich ähnlich wie Deutschland Asyl-Schnellverfahren an den Grenzen durchführen könnte. Man werde "abgestimmt mit Deutschland vorgehen". Darin sei er sich mit Vizekanzler Mitterlehner "total einig", der schon am Dienstagabend ein ähnliches Vorgehen wie Deutschland angekündigt hatte. Ostermayer betonte aber, dass Deutschland nicht davon gesprochen habe, die Grenzen dicht zu machen. Einig sei man sich in der Regierung auch, dass die Asylverfahren beschleunigt werden sollen und es auch mehr Personal für die Asylbehörden geben soll, bekräftigte Ostermayer.

Zurückhaltend äußerte sich Ostermayer zu der von Mitterlehner geforderten Verknüpfung des Familiennachzuges für anerkannte Flüchtlinge an die Selbsterhaltungsfähigkeit. Für den Kanzleramtsminister geht das meist an der Realität vorbei, weil Familienangehörige in der Regel auch Fluchtgründe haben. Er betonte, dass die Menschenrechte in Österreich weiter gelten müssen.

"Es soll kurzer Prozess gemacht werden"

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl hingegen kritisierte die Pläne von De Maiziere scharf. "Damit soll kurzer Prozess an den Landesgrenzen mit den Flüchtlingen gemacht werden", sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP. "Das läuft auf menschenrechtsfreie Zonen an den Landesgrenzen hinaus."

Das Flughafenverfahren arbeite mit "extrem verkürzten" Rechtsfristen, kritisierte Burkhardt. Auch gebe es dort keinen Zugang zu Anwälten. Zudem seien die meisten ankommenden Flüchtlinge Syrer, Afghanen und Iraker, bei denen die Schutzbedürftigkeit offensichtlich sei. "Offenbar ist inzwischen jedes Mittel recht, die Grenzen zu schließen, ungeachtet wer kommt", fügte der Pro-Asyl-Geschäftsführer hinzu.

(APA)

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