Transaktionssteuer: Jetzt wird es ernst

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Im November sollen die letzten Details für eine Finanztransaktionssteuer besprochen werden. Dann wird sich auch entscheiden, ob die Steuer überhaupt kommt.

Wien. Es ist zweifellos eine der am längsten diskutierten Steuern der jüngeren Geschichte: Im September 2011 legte die EU-Kommission einen Gesetzentwurf zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer vor. Österreich plante bereits Einnahmen von 500 Mio. Euro im Budget 2014 ein – und musste sie wieder streichen. Die Steuer gibt es noch immer nicht, vom einstigen Vorhaben der gesamten EU sind nur elf Staaten übrig geblieben.

Jetzt wird es aber ernst: Beim nächsten Treffen der EU-Finanzminister am 10. November werden die Weichen gestellt, ob es die Steuer jemals geben wird, und wenn ja, in welchem Umfang. Österreich, das die politische Koordination der Transaktionssteuer übernommen hat, hat in den vergangenen Wochen und Monaten detaillierte Berechnungen anstellen lassen. Für jedes der elf Länder wurden Modelle erstellt, wie hoch die Steuereinnahmen auf Aktien und Derivate bei unterschiedlichen Sätzen sein würden.

Der ursprüngliche Vorschlag lautete auf 0,1 Prozent auf den Handel von Aktien und Anleihen und 0,01 Prozent für Derivate von Aktien und Anleihen. Zuletzt wurden Zahlen von 0,05 Prozent für Aktien und 0,005 Prozent für Derivate kolportiert. Österreich könnte mit etwa 250 Mio. Euro an jährlichen Steuereinnahmen rechnen.

Nur Aufwand, kein Gewinn?

Mit dem geringen Satz für Derivate käme man Frankreich entgegen. Das Land hat aktuell zwar eine Börsensteuer, davon ist aber der Derivatehandel ausgenommen. Paris drängte darauf, dass diese Ausnahme auch bei der neuen Transaktionssteuer gelten soll.

Für andere Staaten sind die Sätze dagegen so gering, dass der Aufwand für die Einhebung der Steuer größer sein könnte als die Steuer selbst. Politisch wurde bereits darüber diskutiert, dass in diesen Fällen die anderen Staaten finanzielle Unterstützung im Rahmen einer Umlage leisten sollen. In der deutschen Innenpolitik hat diese Überlegung bereits zu der Befürchtung geführt, dass dies der erste Schritt zu einer Transferunion wäre. Deutschland würde nämlich als wichtiger Handelsplatz sehr hohe Steuern einheben.

Um welche Summen es insgesamt geht, will man im Finanzministerium in Wien nicht sagen. Von den einst 55 Mrd. Euro der EU und den anschließend genannten 35 Mrd. Euro der elf Staaten soll man aber weit entfernt sein.

Das auch deshalb, weil es umfassende Ausnahmen von der Finanztransaktionssteuer geben soll. In einem internen Papier („Room Document“) warnen Deutschland, Belgien, Spanien und Portugal vor „unbeabsichtigten Effekten“ auf die Realwirtschaft. So würden etwa Unternehmen, die ihre Risken (etwa Preisschwankungen) über den Finanzmarkt absichern, durch eine Börsensteuer hoch belastet werden – obwohl sie ja nicht spekulieren, sondern Werte sichern. Man müsste also Transaktionen ausnehmen, wenn sie nur der Absicherung einer Firma dienen.

Das wäre aber nicht die einzige Ausnahme. Auch für Produkte, die zur Pensionsvorsorge gelten, möchten die genannten Staaten Erleichterungen. Man müsse überlegen, ob Pensionsfonds und Lebensversicherungen nicht von dieser Steuer befreit werden sollten.

„Heuer oder nicht mehr“

All diese Details sollen am 10. November von den elf involvierten Staaten besprochen werden. Ziel sei es, sich auf ein gemeinsames Statement zu einigen, das man im Dezember beim nächsten Treffen der EU-Finanzminister einbringen will. Auch die Höhe der Steuer könnte schon in zwei Wochen festgelegt werden.

Angepeilt ist, dass die Finanztransaktionssteuer in den elf Staaten mit Anfang 2017 umgesetzt wird. Das bedeutet aber nicht, dass man auch im kommenden Jahr noch darüber verhandeln wird. „Sollte bis Jahresende keine Einigung gelingen, sehe ich wenige Chancen auf einen späteren Erfolg“, meinte Finanzminister Hans Jörg Schelling Ende September in einem Interview mit der „Welt“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2015)

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