Historisches Treffen der Staatschefs von China und Taiwan

Taiwans Staatschef Ma Ying-jeou (links) und Chinas Präsident Xi Jinping (rechts).
Taiwans Staatschef Ma Ying-jeou (links) und Chinas Präsident Xi Jinping (rechts).(c) EPA (Andy Rain)
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Erstmals seit dem Ende des Bürgerkriegs 1949 kommen die Staatschefs von China und Taiwan zu einem direkten Gespräch zusammen.

Das historische Treffen zwischen Chinas Präsident Xi Jinping und Taiwans Staatschef Ma Ying-jeou sei für Samstag in Singapur geplant, bestätigte die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua am Mittwoch Angaben vom Vortag aus Taiwan. Ziel der Zusammenkunft sei es, den Frieden beiderseits der Taiwan-Straße zu sichern, erklärte Mas Büro am Dienstag. Bei dem Treffen werde keine Vereinbarung unterzeichnet, und es werde auch keine Erklärung abgegeben.

Von den USA wurde die Ankündigung vorsichtig begrüßt. Mögliche Schritte zur Reduzierung der Spannungen zwischen beiden Seiten seien erfreulich, sagte ein Sprecher des Weißen Hauses. Es müsse aber abgewartet werden, was bei dem Treffen tatsächlich herauskomme.

China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz

China betrachtet die dem Festland vorgelagerte Insel Taiwan seit der Revolution von 1949 als abtrünnige Provinz und strebt eine Wiedervereinigung zu seinen Bedingungen an. 1992 fanden Peking und Taipeh einen Konsens. Demzufolge akzeptieren beide Seiten, dass es nur "ein China" gibt, interpretieren es aber jeder auf seine Weise. Allerdings schließt Peking ein militärisches Vorgehen weiterhin nicht aus, sollte sich Taiwan formell für unabhängig erklären.

Die gespannten Beziehungen zwischen beiden Ländern verbesserten sich deutlich seit der Wahl von Ma im Jahr 2008. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger verficht das Mitglied der Kuomintang-Partei (KMT) eine gemäßigtere Politik gegenüber Peking, von der Handel und Tourismus profitierten.

Kritik von der Opposition

Nach zwei Amtszeiten endet das Mandat Mas im kommenden Jahr. Bei der Präsidentenwahl im Jänner wird ein Sieg der China-skeptischen DPP erwartet. Die Kandidatin der Partei, Tsai Ing-wen, hatte in der Vergangenheit mehrfach betont, den Status quo erhalten zu wollen. Sie könnte jedoch unter Druck geraten, da viele Taiwanesen der Ansicht sind, dass von den engeren Beziehungen mit China nur die Wirtschaft profitiert habe, nicht aber die einfachen Leute.

Der Generalsekretär der DPP, Joseph Wu, rief Präsident Ma auf, sicherzustellen, dass das Treffen mit Xi keine Veränderung des Status von Taiwan mit sich bringen werde. Wu kritisierte zudem, dass das taiwanesische Parlament nicht im Voraus von dem geplanten Treffen informiert worden sei. Ma müsse die Besorgnisse der taiwanesischen Bevölkerung ausräumen, dass er Peking gegenüber zu viele Zugeständnisse machen könnte, die den langfristischen Interessen Taiwans schaden würden.

Hintergrund

Seit dem Ende des Bürgerkrieges in China 1949 ist Taiwan ein Konfliktherd in Asien. Nach der Flucht der Truppen der chinesischen Kuomintang betrachtet die kommunistische Führung die Insel bis heute als abtrünnige Provinz. Im Falle einer formellen Unabhängigkeit droht Peking mit einer gewaltsamen Rückeroberung. Die USA fühlen sich der Verteidigung der jungen Demokratie verpflichtet.

In Taiwan leben heute 23 Millionen Menschen. Die einst von portugiesischen Seefahrern Formosa ("Ilha Formosa" - schöne Insel) getaufte Insel heißt bis heute offiziell Republik China. Die Regierung in Taipeh sieht sich in der Tradition der 1911 gegründeten ersten chinesischen Republik und hält sich an deren Verfassung.

Nach der Niederlage gegen die Kommunisten proklamierte Kuomintang-Führer Chiang Kai-shek (Tschiang Kai Schek/Jiang Jieshi) Ende 1949 auf Taiwan eine provisorische Regierung. Er regierte diktatorisch und erhob bis zu seinem Tod 1975 mit US-Unterstützung Anspruch auf ganz China.

Wegen des Drucks aus Peking trauen sich heute nur wenige kleinere Staaten, Taiwan als unabhängigen Staat anzuerkennen, müssen dafür aber auf diplomatische Beziehungen zu China verzichten. Deutschland unterhält keine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan, vertritt seine Interessen durch das Deutsche Institut in Taipeh.

Auch Österreich verfolgt "in Übereinstimmung mit der überwiegenden Mehrheit der Staatengemeinschaft" die "Ein-China-Politik". Es unterhält ebenfalls keine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan, ist aber durch ein "Österreich-Büro" in Taipeh vertreten.

Bis 1987 wurde die Insel unter Kriegsrecht regiert. In den 1990er Jahren begann die Demokratisierung. Mit der Wahl 2000 gab es den ersten Regierungswechsel von der Kuomintang zur Fortschrittspartei (DPP). Mit seinen Unabhängigkeitsbestrebungen steuerte DPP-Präsident Chen Shui-bian acht Jahre auf Konfrontationskurs zu Peking.

Seit 2008 verfolgt Präsident Ma Ying-jeou von der Kuomintang die Annäherung. Ein Rahmenabkommen schuf 2010 die Grundlage für die wirtschaftliche Zusammenarbeit und den Abbau von Zöllen. Seit wenigen Jahren gibt es direkte Flugverbindungen. Die Spannungen sind deutlich zurückgegangen. China ist Taiwans größter Handelspartner. Umgekehrt ist Taiwan in China einer der größten Investoren.

(APA/AFP/Reuters)

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