Airbus-Absturz: Warum die Blackbox nicht schwimmt

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Flugschreiber sind fest im Flugzeugheck montiert, weil man sie so am ehesten findet. Ein französisches Atom-U-Boot sucht mühevoll in tausenden Metern Tiefe nach der Blackbox.

WIEN (tes). Seit dem Absturz der Air-France-Maschine wird fieberhaft nach ihr gesucht: der Blackbox, dem kleinen Kästchen, das Aufschluss geben soll über die Unfallursache. Ein französisches Atom-U-Boot sucht mühevoll in tausenden Metern Tiefe nach dem Flugschreiber. Doch warum kann man die Geräte nicht so konstruieren, dass sie im Fall eines Absturzes über Wasser quasi eine „Schwimmweste“ aufblasen und schwimmen?, fragte ein „Presse“-Leser.

„Weil die Blackbox am Flugzeugrahmen entweder angeschweißt oder mit Bolzen befestigt ist“, lautet die knappe Antwort von Bill Reavis, Pressesprecher von Honeywell, jenem US-Hersteller, von dem auch der Flugschreiber der verunglückten Air-France-Maschine stammt. „Die Blackbox ist fix im Heck montiert“, ergänzt Karsten Severin von der deutschen Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung: „Weil das Heck des Flugzeugs der Teil ist, der in den meisten Fällen am wenigsten beschädigt wird.“

„Schuhkarton auf dem Meer“

Zwar gebe es auch Flugschreiber mit einem Auswurfmechanismus, allerdings nur bei Kampfflugzeugen des Militärs, die andere Anforderungen haben als Passagiermaschinen. Gerade weil Flugschreiber nach einem Unfall nur eine gewisse Zeit lang Signale aussenden können, sei es im Fall von Passagiermaschinen besser, wenn die Blackbox im Heck bliebe, erklärt Severin. „Es ist leichter, das Heck zu finden als einen Schuhkarton, der auf dem Meer davontreibt.“

Christoph Mair, Präsident der Austrian Cockpit Association, betont zudem, dass sich die Frage nach einer schwimmenden Blackbox bisher kaum gestellt habe. „70 Prozent aller Unfälle passieren in der Nähe von Flughäfen, die meisten weiteren ebenfalls über Land.“ Dass ein Flugschreiber unter schwierigen Bedingungen unter Wasser gesucht werden muss, sei äußert selten.

Übertragung per Satellit

Gefordert wird etwas anderes, nämlich die Abschaffung der bisherigen Flugschreiber. Die Technologie, Flugdaten und Cockpitgespräche in einer Blackbox in den Flugzeugen selbst zu sammeln, sei überholt, sagt Pierre Jeanniot, Ex-Präsident des internationalen Airlineverbands IATA. Die direkte Übertragung per Satellit sei ausgereift genug, um sie einzuführen, meint Jeanniot, der einst die heutigen Flugschreiber mitentwickelt hat. Tatsächlich verwenden Fluggesellschaften bereits heute ein System namens Acars, das dem Wartungspersonal am Boden Fehlermeldungen übermittelt. Aus der abgestürzten Air-France-Maschine meldete Acars laut „Spiegel“ etwa, dass sich der Autopilot in den Turbulenzen des Sturms abgeschaltet hatte.

„Gerade dieser Absturz beweist, wie wertvoll diese Technik sein könnte“, sagt Robert Francis, ehemaliger Vizechef der US-Untersuchungsbehörde für Flugunfälle. Die Flugzeuge müsse man dafür kaum umrüsten. Es reiche, die Software des Kommunikationssystems umzuschreiben, um Acars in eine Art Online-Blackbox zu verwandeln.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2009)

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