Fifa-Skandal: Im Schatten des Blaulichts

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Zwei Vizepräsidenten wurden vor einem Fifa-Meeting in Zürich verhaftet, danach folgten Reformvorschläge für ein neues Council, Statuten – und Transparenz.

Zürich. Gäste des Luxushotels Baur au Lac am Zürichsee sind gut beraten, bei der Buchung zu prüfen, ob denn während des Aufenthaltes ein Fifa-Kongress oder Meeting des Weltverbandes anberaumt ist. Es besteht nämlich die Chance, dass ein Sonderkommando der Polizei eine Razzia durchführt, Festnahmen die Ruhe stören oder eine frühmorgendliche Amtshandlung der Alarmabteilung für Chaos am Frühstücksbuffet sorgt...

Am Donnerstag war es erneut so weit, zum zweiten Mal nach Mai war die Polizei im Haus. Schwarze Limousinen, Blaulicht und nervöse Funktionäre prägten um sechs Uhr früh das Geschehen. Schnell wurde publik, wen die Ermittler auf Wunsch der US-Justiz in Gewahrsam nahmen: die Fifa-Vizepräsidenten Juan Angel Napout aus Paraguay und Alfredo Hawit Banegas aus Honduras.

Hintergrund der Ermittlungen sind abermals millionenschwere, illegale Deals bei der Vergabe von TV- und Marketingrechten für Turniere und Wettbewerbe. Da auch die USA als Mitglied des Concacaf-Verbandes betroffen sind und die Geschäfte geschickterweise über US-Konten abgewickelt worden sein sollen, wurde das FBI hellhörig und aktiv. Beide Funktionäre sollen in die USA ausgeliefert werden, ihre Anwälte sind am Ball.

Tagsätze, aber kein Alterslimit

Seit den WM-Vergaben an Russland 2018 und Katar 2022 sind nun mehr als ein Dutzend Mitglieder der Fifa-Exekutive angeklagt, verhaftet, suspendiert oder unter Korruptionsverdacht gestellt worden. Und als wäre dieser neuerliche Vorfall kaum der Rede wert, setzte das Exekutivkomitee des Weltverbandes sein Meeting in Zürich fort.

Es wurde aber ein umfassendes Reformpaket auf den Weg gebracht. Nach Jahren massiver Skandale will die Fifa eine neue Führungsstruktur etablieren, der neue Präsident (Wahl am 26. Februar 2016) und die Mitglieder eines neu geschaffenen Councils dürfen demnach maximal für drei Amtszeiten zu jeweils vier Jahre im Amt sein. Ihre Vergütung wird ab sofort öffentlich gemacht – damit folgt man dem Vorbild des Internationalen Olympischen Komitees. Es legte längst die Tagsätze offen, sie starten bei 418 Euro...

Das Council mit 36 Mitgliedern tritt an die Stelle des Exekutivkomitees, es soll eine Art Aufsichtsrat darstellen. Die letzte Entscheidung über die Reform trifft der Kongress vor der Präsidentenwahl, Statutenänderungen bedürfen einer Dreiviertelmehrheit der 209 Mitgliedern. „Diese Reformen bringen bessere Führung, größere Transparenz und Rechenschaftspflicht. Sie sind ein Meilenstein, als vertrauenswürdige und professionelle Sportorganisation Glaubwürdigkeit zu erlangen“, sagt Interimspräsident Issa Hayatou.

Keine Mehrheit fand der Vorschlag der Reformkommission für eine Aufstockung auf 40 WM-Teilnehmer ab 2026. Abgelehnt wurde auch das Fifa-Alterslimit. 74 Jahre sei kein Alter für den Abschied.

Mehr Macht bekommen der Generalsekretär und neun statt zuvor 26 ständige Komitees. Dort werden die Managemententscheidungen getroffen. Das Council, dem der Präsident vorsitzt, überwacht die Entscheidungen, hat aber keine exekutive Gewalt mehr. Somit verliert auch der Präsident, der mehr repräsentativen Charakter hat, an Einfluss. (fin/dpa)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.12.2015)

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