Manchester United: „Nur ein durchschnittliches Team“

VfL Wolfsburg v Manchester United - UEFA Champions League Group Stage - Group B
VfL Wolfsburg v Manchester United - UEFA Champions League Group Stage - Group B(c) REUTERS (Carl Recine)
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Nach dem frühzeitigen Scheitern von Englands Rekordmeister Manchester United steht der angezählte Trainer Louis van Gaal für Spielweise und Transferpolitik in der Kritik.

Manchester. Zum zweiten Mal in Folge findet das Achtelfinale der Champions League ohne Manchester United statt. Im vergangenen Jahr waren die Red Devils international überhaupt nur Zuschauer, nun müssen sie nach der 2:3-Niederlage in Wolfsburg mit der Europa League vorliebnehmen. Für United eine Demütigung, denn in England hat der „Trostbewerb“, wie er dort genannt wird, traditionell keinen hohen Stellenwert. Häufig treten die Mannschaften von der Insel nicht einmal in Bestbesetzung an.

„Ich war einmal in einem Team, das in die Europa League musste, und es war peinlich“, meinte der ehemalige United-Leistungsträger Rio Ferdinand nach dem Aus in der Königsklasse. Weil der englische Großklub dort Vereinen wie Wolfsburg und Eindhoven den Vortritt lassen musste, sind die Fans desillusioniert, Trainer Louis van Gaal ist angezählt.

Schelte für den Weltmeister

In Wolfsburg wirkte das einst so stolze United wie eine Söldnertruppe, es fehlte an Engagement und an Führungspersönlichkeiten. „In Topteams sind normalerweise drei oder vier solche Spieler, aber ich sehe im Moment keinen“, kritisierte Ferdinand. Van Gaal nahm Bastian Schweinsteiger in die Verantwortung. Der deutsche Weltmeister fiel in Wolfsburg vor allem durch Ballverluste und eine katastrophale Zweikampfbilanz auf, in der 69. Minute wurde er ausgetauscht. „Ich wechsle einen Spieler nicht einfach nur so aus. Ich habe nicht den Schweinsteiger gesehen, den ich aus München kenne“, erklärte van Gaal. Schon zuvor hatte der Niederländer den 31-Jährigen öffentlich kritisiert. „Ich glaube, dass Schweinsteiger in jedem seiner Spiele für uns noch hätte besser spielen können.“

Van Gaal steht nicht nur wegen seines Sicherheitsspielstils, der nach Auffassung vieler Fans nicht zu den Red Devils passt, sondern auch wegen seiner Transferpolitik in der Kritik. Angel Di Maria, Falcao und Robin van Persie wurden abgegeben. Dafür durfte der eigenwillige Coach im Sommer für 150 Millionen Euro neue Spieler holen.

Doch neben Schweinsteiger (neun Millionen) konnte auch Neuzugang Memphis Depay (27,5 Millionen) die Erwartungen nicht erfüllen. Und der vielversprechende Jungstar Anthony Martial (50 Millionen) hatte vor seinem Treffer in Wolfsburg seit September kein Tor mehr erzielt. Der Kader sollte einmal genau unter die Lupe genommen werden, meinte Ferdinand: „Da sind kein Tempo, keine Power und keine Stabilität im Team.“

Im Winter könnte van Gaal wieder auf Einkaufstour gehen. Englands Fußballikone Michael Owen warnte sogleich, denn bisher sei viel Unterdurchschnittliches geholt worden: „Die Frage ist, ob sich United auf van Gaals Einkaufspolitik verlassen kann.“

Im Schatten der Legende

Unter Alex Ferguson, der in Wolfsburg im Stadion saß, stand der Klub für Offensivspektakel und Leidenschaft. Nach seinem Abschied ist von der einstigen Vormachtstellung auf der Insel nicht viel übrig geblieben. Erst scheiterte David Moyes, im Sommer 2014 übernahm van Gaal. Seine Bilanz: Die erste Saison beendete er auf Platz vier der Premier League, über die Play-offs gelang der Sprung in die Champions League. In der Liga ist Manchester derzeit Vierter, im FA-Cup wartet die dritte Runde. Im Ligapokal gab es ein blamables Aus gegen Zweitligisten Middlesbrough und nun geht auch die K.-o.-Phase der Champions League ohne United über die Bühne.

Paul Scholes, der erst vor zwei Jahren seine Karriere bei den Red Devils beendet hatte, wetterte angesichts dieser Ausbeute: „United ist nur ein durchschnittliches Team und mit einem durchschnittlichen Team bekommt man durchschnittliche Leistungen.“ Mittelmaß war für den englischen Rekordmeister immer zu wenig. Van Gaals Vertrag läuft noch bis 2017, es soll der letzte seiner Trainerkarriere sein. (joe)

CHAMPIONS LEAGUE GRUPPENPHASE

Gruppe A: PSG – Schachtar Donezk 2:0, Real Madrid – Malmö 8:0. Tabelle: 1. Real (16 Punkte), 2. PSG (13), 3. Donezk (3), 4. Malmö (3).

Gruppe B: Wolfsburg – Man United 3:2, PSV Eindhoven – ZSKA Moskau 2:1. Tabelle: 1. Wolfsburg (12), 2. Eindhoven (10), 3. Man United (8), 4. Moskau (4).

Gruppe C: Galatasaray Istanbul – Astana 1:1, Benfica Lissabon – Atletico Madrid 1:2. Tabelle: 1. Atletico (13), 2. Benfica (10), 3. Galatasaray (5), 4. Astana (4).

Gruppe D: Man City – Gladbach 4:2, Sevilla – Juventus Turin 1:0. Tabelle: Man City (12), 2. Juventus (11), 3. Sevilla (6), 4. Gladbach (5).
Achtelfinal-Auslosung am 14. Dezember (12 h) in Nyon.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2015)

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