Postings im Internet: Als es dem Hass an den Kragen ging

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Das Internet ist nicht eine eigene Welt, in der man sich austoben kann, sondern strahlt auch in die Offlinewelt aus. Für Postings im Internet drohen nun auch echte Konsequenzen.

Es ist eines jener Fotos, denen ein gewisser Ikonenstatus innewohnt. Die glücklich lächelnde Dunja, die sich in einer Dusche aus dem Feuerwehrschlauch ein wenig Abkühlung verschafft. Ein Bild, mit dem die Feuerwehr Feldkirchen an der Donau die Flüchtlingskrise mit dem Bild der sechsjährigen Syrerin plötzlich aus einer ganz anderen, einer menschlich-positiven Perspektive zeigte. Es ist aber auch gleichzeitig ein Bild, auf das vor allem im Internet einiges an Hass projiziert wurde. Und das schließlich sogar noch weiter aufgeladen wurde – denn es steht auch dafür, dass dieser Hass reale Konsequenzen haben kann.

„Flammenwerfer währe (sic!) da die bessere Lösung gewesen“. Es war dieses Posting auf der Facebook-Seite eines Radiosenders, das einen angehenden Kfz-Techniker Ende Juli seine Lehrstelle kostete. Denn als Porsche Wels, sein Arbeitgeber, von dem Eintrag erfuhr, trennte sich der Betrieb umgehend von dem 17-Jährigen. Eine Entschuldigung via Facebook half nichts. Mehrere Tage lang lief die Debatte, ob die Konsequenz nicht doch zu hart gewesen sei. Aus strafrechtlicher Sicht erwuchsen dem Lehrling zumindest keine Konsequenzen, die Staatsanwaltschaft Wels sah weder Verhetzung noch gefährliche Drohung vorliegen. Doch aus arbeitsrechtlicher Sicht, so erklärten Experten, sei das Vorgehen der Firma gedeckt gewesen.


Weitere Fälle. Es sollte nicht der einzige Fall bleiben, der in der – nicht nur wegen des Wetters – aufgeheizten Stimmung des Sommers bekannt wurde. Auch eine Spar-Mitarbeiterin verlor ihren Job, nachdem sie in einem Facebook-Posting einen Brand im Erstaufnahmelager Traiskirchen als wünschenswert betrachtet hatte. Auch beim Roten Kreuz trennte man sich im Sommer von zwei Mitarbeitern wegen ihrer Kommentare zu Flüchtlingen auf Facebook.

Tatsächlich markiert das Jahr 2015 einen wichtigen Punkt im Umgang mit sogenannten Hasspostings im Internet. Dass es sich dabei um ein Problem handelt, war schon hinlänglich bekannt. Doch dass solche Postings nun auch in der Offlinewelt Konsequenzen haben, ist in dieser Masse ein verhältnismäßig junges Phänomen. Wobei die Datenlage dazu, gelinde gesagt, noch dürftig ist. Denn dass hetzende Onlinebeiträge aus subjektiver Sicht zunehmen, dürften wohl viele unterschreiben. Doch nackte Zahlen dazu kann das Justizministerium nur bedingt liefern. Im August lagen dem Justizministerium 179 Anzeigen vor – im Jahr 2014 waren es insgesamt 339. Im Bundesamt für Verfassungsschutz sprach man von einem Anstieg der Anzeigen um 30 Prozent, allerdings schon 2014. Schließlich ist eine Anzeige ohnehin nur ein kleiner Ausschnitt, denn nicht jedes fragliche Posting wird tatsächlich gemeldet. Außerdem kann es sein, dass ein Posting, das von vielen als verhetzend empfunden wird, im Licht des Strafrechts als nicht problematisch gesehen wird – wie etwa auch das Flammenwerfer-Posting des Kfz-Lehrlings aus Wels.

Doch abgesehen vom strafrechtlichen Blickwinkel hat sich im Netz auch eine weitere Instanz etabliert – nämlich eine Kontrolle durch andere User. Auf mehreren Websites werden problematische Kommentare gesammelt und veröffentlicht. Auf www.haters.at können etwa User Beiträge aus sozialen Medien melden. Nicht geschönt und nicht anonymisiert werden sie dann aufgelistet. Der Blog „Eau de Strache“ wiederum sammelt fragwürdige Beiträge, die auf Facebook-Seiten von FPÖ-Politikern gefunden werden. Leicht anonymisiert, aber mit Link zum jeweiligen Beitrag.

Gerade Politiker der FPÖ standen wegen Postings auf ihren Seiten öfter in der Kritik. Echte Konsequenzen musste Nationalratsabgeordnete Susanne Winter ziehen – sie hatte ein antisemitisches Posting gelobt: „. . . schön, dass Sie mir die Worte aus dem Mund nehmen“. Nach einer längeren Debatte wurde sie schließlich aus der Partei ausgeschlossen.


EU vs. Facebook. Neben den Postern geriet aber auch Facebook in die Kritik. Da der US-Konzern zwar sehr schnell Bilder löscht, sobald darauf eine weibliche Brust zu sehen ist, bei hetzerischen Postings jedoch allzu oft keinen Grund zu reagieren sah. Was zum einen zahlreiche User ärgerte, zum anderen aber auch die Politik auf den Plan brachte. So beschlossen die Justizminister der EU Anfang Dezember, Online-Unternehmen bei der Entfernung von Hassbotschaften stärker in die Pflicht zu nehmen. Man habe sich auch mit Facebook und Google schon auf eine Vorgangsweise geeinigt.

Zu glauben, dass der Hass in Zukunft aus dem Netz verschwinden wird, ist natürlich illusorisch. Doch es scheint, als würde zumindest langsam ein Bewusstsein dafür entstehen, dass das Internet kein luftleerer Raum ist, in dem Menschen tun und lassen können, was sie wollen. Und dass sie, sollten sie sich tatsächlich grob danebenbenehmen, auch im realen Leben mit Konsequenzen rechnen müssen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.12.2015)

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