Oberndorfer: „Ich bin streng und stelle böse Fragen“

Martha Oberndorfer
Martha Oberndorfer(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Wer billige Rohstoffe suche, komme an Russland nicht vorbei, sagt Martha Oberndorfer, Chefin der Staatsholding Öbib. Ihr größtes Unternehmen, die OMV, leide unter der Politik.

Die Presse: Als Öbib-Chefin sind Sie für Staatsbeteiligungen verantwortlich. Die größte, die OMV, muss erneut knapp zwei Milliarden Euro abschreiben. Was heißt das für das Unternehmen?

Martha Oberndorfer: Das bedeutet, dass der Vorstand sein stringentes Kostenmanagement weiter verfolgen muss. Die Öbib ist nicht der Oberzahlenkontrollor der Staatsbeteiligungen. Aber wir schauen genau, wie sie international dastehen.

Da können Sie mit der OMV ja nicht sonderlich zufrieden sein.

Es ist richtig, dass unter den Ölwerten in Europa dieses Unternehmen nicht unter den Top drei ist.

Woran liegt das?

Der Ölpreis ist für alle ein Thema, aber auch die politische Situation. Manche Ölquellen liegen in Ländern, in denen das politische Risiko groß ist, in manchen Ländern ist die Produktion unattraktiv, bei einem Ölpreis unter 30 Dollar.

Ist Russland für Sie ein Land mit hohem politischen Risiko?

Wer günstige Rohstoffe sucht, kommt an Russland nicht vorbei.

Manche warnen vor dem geplanten Vermögenstausch der OMV mit der Gazprom. Brigitte Ederer sprach von einer „kalten Privatisierung“. Schließen Sie das aus?

Es ist nicht meine Rolle, mir über die Privatisierung der OMV Gedanken zu machen. Das muss von der Regierung kommen. Fakt ist, dass es einem börsenotierten Unternehmen nicht guttut, wenn die Wahrnehmung besteht, dass es von parteipolitischen Interessen gesteuert wird. Die Öbib muss als Prellbock dafür sorgen, dass der politische Einfluss nicht zu groß ist.

Hohe SPÖ-Politiker wie Gewerkschafter Rainer Wimmer fordern das Aus des Gazprom-Deals. Er sagt, die OMV könne sich leicht anders günstig Geld holen.

Ich weiß nicht, was sich Herr Wimmer angesehen hat. Als Finanzanalystin kann ich nur sagen: Alle Zahlen sind öffentlich. Meine Interpretation braucht es da nicht mehr.

Halten Sie den Tausch mit der Gazprom für eine gute Idee?

Das müssen Vorstand und Aufsichtsrat beurteilen. Der Eigentümervertreter sollte nicht oberschlau gute Tipps geben. Es ist auch falsch, dass in der Öffentlichkeit diskutiert wird, ohne dass Fakten vorliegen.

Kurz vor Weihnachten sorgten Sie selbst bei der OMV für Unruhe, als Sie eine Frau als neuen Finanzvorstand forderten.

Ich finde das witzig, wie diese Diskussion geführt wurde. Ich habe nur nachgefragt, ob das Gremium eh nicht angreifbar ist, wenn auf den Listen kaum Frauen auftauchen. Ich glaube, dass mir das zusteht. Ich frage das nicht aus Emanzengehabe, sondern, da es der Wertsteigerung der Firmen dient. Ich war jahrelang Portfoliomanager und weiß, dass Analysten nicht nur auf die Finanzzahlen schauen, sondern auch auf die Diversität in Organen. Die getroffene Besetzung (Finanzvorstand wird Reinhard Florey, Anm.) ist erstklassig.

Sind Sie mit den anderen Staatsbeteiligungen zufriedener?

Die Kurse der börsenotierten Post und Telekom seit Jahresbeginn zeigen, dass sich die Unternehmen im Vergleich zum Index gut halten.

Das klingt, als ginge es der Telekom gut. In den letzten Jahren verringerte sich ihr Wert stark. Was tun Sie, um das zu ändern?

Objektiv betrachtet haben sich die Finanzkennzahlen verbessert, was nicht im Börsenkurs zum Ausdruck kommt. Das Unternehmen verdient wieder etwas, hat die Verschuldung reduziert. Als Öbib-Generalsekretärin stelle ich nicht mehr den Aufsichtsratsvorsitz und greife daher nicht in Unternehmen ein.

Hätten Sie gern mehr Einfluss?

Nein. Ich sehe mich eher als Portfoliomanager. Und bei Aktiengesellschaften ist auch der Staat nur ein Aktionär von vielen. Dass er die Strategie eines börsenotierten Unternehmens vorgibt, geht nicht.

Bei der Telekom prüft Mehrheitseigentümer América Móvil angeblich einen Rückzug von der Börse. Ist Ihnen das recht?

Ich glaube, Sie wissen mehr als ich.

Die América Móvil zögert, ihren Anteil wie versprochen bis Jahresmitte auf rund 50 Prozent zu reduzieren. Haben Sie die Möglichkeit, dies einzufordern?

Wenn mir der Syndikatsvertrag die Möglichkeit gibt, werde ich das tun. Sie wissen, ich bin bekannt für meine Durchsetzungsstärke.

Was auch zu Kritik führt. Im eigenen Haus sparen Sie kräftig ein.

Wenn Sie einen Manager auf eine wichtige Position setzen, der für die Republik das Beste herausholen soll, welche Art Manager wollen Sie dort sehen? Ich glaube, es stand sogar in der Stellenausschreibung, dass jemand gesucht wird, der verhandlungsstark ist. Das bin ich mit Sicherheit. Als Staatsbürger wollen Sie niemanden, der sich bei Verhandlungen mit Investmentbanken über den Tisch ziehen lässt.

Aber ist diese Härte auch im eigenen Unternehmen hilfreich?

In der alten ÖIAG hat man Dinge, die in der verstaatlichten Industrie vor einem Vierteljahrhundert abgeschafft wurden, vergessen abzuschaffen. Mein Auftrag ist, das zu ändern. Glauben Sie, dass man da einen Beliebtheitspreis gewinnt? Stattdessen werde ich als dominant und übereifrig im Privilegienabbau hingestellt.

Muss man da ein schlechtes Betriebsklima einfach akzeptieren?

Als ich gekommen bin, hatte die Öbib 17 Mitarbeiter, davon sechs Bereichsleiter und Prokuristen. Ich frage, wie viel Führungsmannschaft braucht so ein Unternehmen? Ich habe gewusst, dass ich mir nicht nur Sympathien einhandle. Mitarbeiter, die Gas geben, lieben mich. Wer zu wenig leistet, dem steige ich auf die Zehen. Ich glaube, das muss man. Wir leben alle von Steuergeldern. Ich muss alles vor dem Parlament und Rechnungshof vertreten können. Da bin ich streng und stelle auch böse Fragen.

ZUR PERSON

Martha Oberndorfer studierte Betriebswirtschaft und Wirtschaftspädagogik in Linz und machte einen MBA in Toronto. Die Kremserin und Mutter von zwei Töchtern war eine der wenigen Fondsmanagerinnen der Bank Gutmann. Nach Toppositionen in der (inzwischen verstaatlichten) Kommunalkredit, Trans Europa Financials und der Bundespensionskasse holte ÖVP-Finanzminister Wilhelm Molterer sie 2008 in die Bundesfinanzierungsagentur. Seit 2015 ist sie Generalsekretärin der Öbib.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2016)

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