Ältere Systeme, wie sie in Deutschland und Österreich genutzt werden, lassen manuelle Eingriffe zu. Auf schnellen Strecken gibt es eine Art Autopilot.
Wien. Nach dem Frontalzusammenstoß zweier Züge im deutschen Bad Aibling stellen sich viele Bahnnutzer die Frage, welche Sicherheitsvorkehrungen Streckenbetreiber in Europa eigentlich einsetzen, um Kollisionen mit Schienenfahrzeugen zu vermeiden. Stark vereinfacht gesagt gibt es in Österreich und Deutschland zwei verschiedene Ansätze: einen halb- und einen vollautomatischen.
Standard ist der Halbautomatische. Im Technik-Sprech der Eisenbahner heißt das dann punktuelle Zugbeeinflussung, kurz PZB. An bestimmten Punkten der Strecke prüft das System mithilfe von Magneten Werte wie Geschwindigkeit oder ob ein Haltesignal eingehalten oder überfahren wurde. War Letzteres der Fall, löst das System automatisch eine Zwangsbremsung aus.
Theoretisch zumindest. Aus unterschiedlichen Gründen kann der Fahrdienstleiter dem Lokführer nämlich sogar anordnen, ein Halt-Signal zu ignorieren. In Einzelfällen kann das im Tagesbetrieb nämlich sinnvoll sein.
Neues System für Schnellzüge
Das manuelle Aushebeln der Sicherheitsfunktionen ist im vollautomatisierten Betrieb nicht möglich. Das European Train Control System (ETCS) ist bei allen europäischen Neubaustrecken – zum Beispiel auf der Westbahn im Hochgeschwindigkeitsabschnitt Tullnerfeld – vorgeschrieben. Dort sind nur Lokomotiven im Einsatz, die dieses System auch „verstehen“. Dabei wird ein Zug nicht nur punktuell über Magnete, sondern permanent via Zugfunk (GSM-R), Radar und andere Systeme überwacht und räumlich zugeordnet. Der Lokführer bekommt seine Vorgaben nicht über Streckensignale, sondern liest sie vom Computer in der Lok ab. Hält er diese nicht ein (Beschleunigen, Bremsen, Geschwindigkeit etc.), übernimmt das System. (awe)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2016)