Ostarbeitskräfte: Grüne gegen Stöger

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MINISTERRAT: ST�GER(c) APA/HELMUT FOHRINGER
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Entsenderichtlinie. Beschäftigte ausländischer Firmen, die einen Auftrag in Österreich ausführen, sollen maximal einen Monat bleiben. Der Sozialminister-Plan stößt auf Kritik.

Wien. Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) präzisierte am Montag seine Vorschläge zur Entsenderichtlinie („Die Presse“ berichtete am Montag): Ausländische Firmen sollen Arbeitskräfte für maximal einen Monat nach Österreich schicken dürfen. Dabei geht es um Unternehmen, die im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit einen Auftrag in Österreich ausführen, nicht um Dienstnehmer, die in Österreich Arbeit finden: Die dürften das dann weiterhin unbefristet.

Kritik an den Plänen des Ministers kommt von den Grünen. Sozialsprecherin Birgit Schatz kritisierte im Gespräch mit der „Presse“ den Vorschlag, dass der österreichische Kollektivvertrag für alle Beschäftigten gelten soll, nicht nur für jene, die am Bau arbeiten: Das sei längst gesetzlich vorgeschrieben. Das Problem sieht sie eher bei der Umsetzung. Man müsse die Kontrollen verschärfen und das Kontrollteam aufstocken.

Für nicht umsetzbar hält Schatz eine Maximaldauer der Entsendung: Das sei europarechtlich nicht umsetzbar und auch nicht sinnvoll. Es gehe bei der Entsenderichtlinie ja nicht nur um rumänische Bauarbeiter, sondern auch um IT-Dienstleister aus Deutschland, die in Österreich ein Projekt abwickeln, das durchaus ein bis zwei Jahre dauern könne.

Probleme bei der Pflege

Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) forderte von Stöger konkrete Vorschläge ein, die auch EU-rechtlich möglich sind. Er gab zu bedenken, dass bei einer Verschärfung im Pflegebereich die Nachfrage nicht mehr abgedeckt werden könnte.

Bei den von der Entsenderichtlinie Betroffenen handelt es sich um einen nicht unbeträchtlichen Personenkreis. Von Jänner bis November des Vorjahres wurden 79.938 Personen aus den zehn EU-Osterweiterungsländern zum Arbeiten nach Österreich entsendet. Weitere 5497 kamen aus Rumänien und Bulgarien, 2789 aus Kroatien. Aus den EU-15 – den westeuropäischen Staaten – kamen 39.438 Personen nach Österreich. Aus dem Ausland entsendete Beschäftigte müssen hierzulande nach österreichischem Kollektivvertrag bezahlt werden, Sozialleistungen werden aber zum Teil im Ausland abgeführt, wo es laut Kritikern zu erheblichen Missständen kommen soll.

Wobei ein erheblicher Teil der Südosteuropäer, die in Österreich arbeiten, ohnehin nicht entsendet wurde. Vor zehn Jahren lebten 6248 bulgarische Staatsbürger in Österreich, jetzt sind es schon 19.607. Bei den rumänischen Staatsbürgern stieg die Zahl von 17.750 auf 73.374. Zum Vergleich: Die Zahl der Türken blieb mit rund 110.000 stabil, bei Deutschen wuchs sie von 91.194 auf 170.475 Personen. (maf/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2016)

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