Der Präsident aus der Wüste und sein tückisches Ehrenwort

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FBL-FIFA-SALMANAPA/AFP/KARIM JAAFAR
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Der Weltfußball wird bald aus dem Nahen Osten regiert – von Scheich Salman al-Khalifa und einem Strippenzieher im Hintergrund.

Eines gleich vorweg: Korruptionsvorwürfe gegen Scheich Salman bin Ibrahim al-Khalifa sind bislang keine bekannt. Dennoch ist die Vita des Bahrainers alles andere als sauber. Verteidigen musste sich der Chefs des asiatischen Kontinentalverbandes (AFC) von der Minute an, als er seine Kandidatur für das Fifa-Präsidentenamt erklärte.

Der 50-Jährige ist nicht nur Mitglied der königlichen Familie, er war außerdem Fußballverbandspräsident des Kleinstaates, als sich 2011 dessen schiitische Bevölkerung gegen den sunnitischen König auflehnte, mehr Freiheit und Gleichberechtigung forderte und – mit Hilfe des Nachbarn Saudiarabien – niedergeknüppelt wurde. Auch Fußballnationalspieler nahmen an den Protesten teil und wurden verhaftet. Der bekannteste war A'ala Hubail, er behauptet, im Gefängnis gefoltert worden zu sein. Menschenrechtsorganisationen werfen dem Scheich vor, er habe die aufständischen Sportler identifiziert. Alles „eklige Lügen“, entgegnete der Beschuldigte.

Als Verbandschef, der seine eigenen Spieler nicht schützen wollte respektive konnte, hat al-Khalifa Karriere gemacht. Der Scheich mit dem Abschluss in englischer Literatur und Geschichte ist nicht nur AFC-Chef, er ist im Weltverband zudem Vizepräsident des Exekutivkomitees, Stellvertretender Vorsitzender der Marketing- und TV-Kommission und nun der aussichtsreichste Kandidat, um Fifa-Präsident und damit wohl der mächtigste Sportfunktionär der Welt zu werden. Dass ihm Kritiker als Mitglied einer Herrscherfamilie die demokratische Gesinnung absprechen, stört dabei ebenso wenig wie dass mit dem Kreditkarten-Konzern Visa ein Fifa-Sponsor bereits Bedenken an seiner Kandidatur geäußert hat.


Der Königsmacher. Gewinnen wird al-Khalifa, weil er die beiden größten Kontinentalverbände außerhalb Europas sowie mit Scheich Ahmad al-Fahad al-Sabah, 52, den wohl einflussreichsten Strippenzieher in der Sportwelt hinter sich weiß. Der frühere Energieminister Kuwaits ist als millionenschwerer Multifunktionär (unter anderem Mitglied des Fifa-Exekutivkomitees) ein einflussreicher Geldverteiler und verlässlicher Mehrheits-Beschaffer. 2013 hievte der Chef der Vereinigung aller Nationalen Olympischen Komitees auch Thomas Bach an die IOC-Spitze.

In der Fifa kontrolliert der bestens vernetzte al-Sabah, der sich auch als Teamchef von Kuwait versucht hat, nicht nur die 46 Stimmen Asiens – die sind al-Khalifa als AFC-Präsident ohnehin gewiss –, sondern auch einen Großteil der 54 afrikanischen Voten. Die klare Wahlempfehlung aus Afrika ließ nicht lange auf sich warten. Halten sich alle Verbände daran, hätte al-Khalifa 100 von 209 Stimmen beisammen. „Wir kennen die Chancen eines jeden Anwärters“, sagt der Favorit.

Ein Triumph in Blatter-Manier also, nicht mit den Stimmen der Fußball-Großmächte, sondern mit jenen der zahlreichen Exoten. Und weil al-Khalifa Transparenz sowie Nulltoleranz gegenüber Korruption einfordert, bleibt mit ihm an der Spitze des gebeutelten Weltverbandes der Schein der Reform gewahrt. Mit dem Scheich als Fifa-Chef ist zudem die umstrittene Katar-WM 2022 endgültig gesichert.

Bisher wurde al-Khalifa keine Mitschuld an der Inhaftierung von Fußballern während der Aufstände in Bahrain nachgewiesen. Auch die Fifa-Wahlkommission hat die Anschuldigungen geprüft. Wie alle seine Mitstreiter hat der Scheich nun eine Erklärung unterschrieben: Er verspricht, Menschenrechtsverletzungen zu verhindern, sollte er die Wahl gewinnen. Die Punkte zu den Weltmeisterschaften 2018 (Russland) und 2022 hat er gestrichen. Ebenso jene zu Frauen und Homosexuellen.

Steckbrief

1965
wird Scheich Salman bin Ibrahim al-Khalifa in Bahrain geboren. Das Mitglied der Herrscherfamilie studierte Geschichte und Literatur in London.

2002 bis 2013
war er Präsident der Bahrain Football Association, dann Chef der asiatischen Konföderation und damit Mitglied der Fifa-Exekutive.

2015
gab er seine Bewerbung für das Fifa-Präsidentenamt bekannt.

Salman lebt in Bahrain, ist verheiratet und hat zwei Töchter und einen Sohn.

AFP

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2016)

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