Londons schillernder Bürgermeister tritt als Verfechter für einen britischen Austritt aus der EU gegen seinen Studien- und Parteifreund David Cameron auf.
Als Korrespondent des „Daily Telegraph“ in Brüssel machte Boris Johnson schon vor mehr als 20 Jahren kein Hehl aus seiner EU-Skepsis. „BoJo“, der konservative Feuerkopf und spätere Londoner Bürgermeister, avancierte so zum Lieblingsjournalisten Margaret Thatchers. Ihren Nachfolgern John Major und Tony Blair ging der Kritiker indes gehörig auf die Nerven. Und nun setzt Johnson in der Debatte um den „Brexit“, den Ausstieg Großbritanniens aus dem Staatenbund der Europäischen Union, Premier David Cameron zu.
Dabei warb Cameron am Sonntag in der BBC noch eifrig um die Unterstützung seines Studien- und Parteifreundes aus gemeinsamen Tagen an den Elite-Institutionen Eton und Oxford, wo sie dem „Bullingdon Club“ angehörten, einer für seine Exzesse und Saufgelage berüchtigten Studentenvereinigung.
Kritik am Premier
In einer Kolumne für den „Daily Telegraph“, dem Hausblatt der Konservativen, begründete der Londoner Bürgermeister und Parlamentsabgeordnete seine Entscheidung für ein Nein zur EU. Sie habe ihm zwar Kopfschmerzen bereitet, schreibt er. Die EU-Mitgliedschaft unterminiere jedoch die Souveränität Großbritanniens.
Gegenüber Journalisten erklärte er, er hätte sich einen besseren Deal gewünscht als jenen, den der Premier beim EU-Gipfel erzielt habe, und zudem eine grundlegende Reform der EU. Der Premier trage indes nicht die Schuld daran, fügt Johnson hinzu. Er habe sein Bestmögliches gegeben. Es ist ein schwerer Schlag für Cameron, doch er kommt nicht überraschend, gilt Johnson doch als dessen schärfster interner Rivale bei den Tories.
Johnson schloss sich sechs Ministern der Regierung an, und er könnte dank seines Charismas zur Galionsfigur der „Brexit“-Bewegung werden, wie die britischen Zeitungen spekulierten, die allesamt mit der Entscheidung des Bürgermeisters am Montag aufmachten. Cameron hatte das Referendum über den britischen EU-Austritt für den 23. Juni angesetzt. Bei einer Debatte im Londoner Unterhaus wird es am heutigen Montag hoch hergehen. (wb/vier)