Justiz: Entscheidungstage für Grasser & Co

 Musste sich gestern erneut vor Gericht verantworten: Walter Meischberger im Untreueprozess in der Causa Brehmstraße vor dem Straflandesgericht Wien
Musste sich gestern erneut vor Gericht verantworten: Walter Meischberger im Untreueprozess in der Causa Brehmstraße vor dem Straflandesgericht Wien(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Für die Ex-FPÖ-Politiker Karl-Heinz Grasser, Walter Meischberger und Peter Westenthaler geht es um sehr viel: In allen drei Fällen nimmt die Justiz dieser Tage Weichenstellungen vor.

Wien. Die zeitliche Konstellation ist einzigartig – als ob die Justiz diverse Korruptionsvorwürfe in einer Sammelaktion abarbeiten würde. Doch es ist nur Zufall, dass in dieser Woche Walter Meischberger (nach Vertagung seines Untreueprozesses) wieder vor Gericht steht. Dass Peter Westenthaler heute, Donnerstag, vor dem Obersten Gerichtshof bangen muss. Und dass dieser Tage die Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien entscheidet, ob der sogenannte Vorhabensbericht in Sachen Karl-Heinz Grasser durchgeht.

Dieses Vorhaben der Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) besteht nach Einschätzung praktisch aller Beobachter darin, Grasser sowohl in Sachen Buwog als auch in Sachen Terminal Tower Linz, Verdacht: Untreue, Geschenkannahme, anzuklagen. Das Verfahren gegen den früheren Finanzminister (erst FPÖ, dann ÖVP-nahe) läuft bereits sieben Jahre.

Ein untrügliches Indiz für eine Anklage: Die WKStA bestätigte, dass sie einen bestehenden (wegen einer Gerichtspanne auf Eis gelegten) Vorhabensbericht an die neue Rechtslage in Sachen Untreue anpasse. Seit Jahresbeginn gelten ja neue Regeln für die Untreue. Würde das staatsanwaltliche Vorhaben eine Verfahrenseinstellung vorsehen, müsste man sich wohl keine Gedanken über eine Anpassung machen; man könnte den Fall einfach ad acta legen.

Rechtliche Fallen lauern

Bis Monatsende dürfte die OStA Wien noch brauchen, um das in zäher Arbeit zustande gekommene Vorhaben, wohl eben den Anklageentwurf, zu prüfen. Die Sache ist verzwickt. Denn Grasser ist bei Weitem nicht der einzige Beschuldigte. Nicht weniger als 18 Personen müssen eine Anklage fürchten. Dazu gehört auch Walter Meischberger, der sich, wie er beteuert, keiner Schuld bewusst ist.

18 Personen also. Da wird es in Randbereichen noch interne Debatten geben, ob das von der Judikatur noch unerforschte Delikt Untreue neu tatsächlich in allen von der WKStA wohl vorgeschlagenen Fällen vorliegen könnte.

Danach wandern die Unterlagen zu ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter. Dieser wird auch den von ihm eingerichteten Weisungsrat, quasi ein Beratungsgremium für heikle Fälle, damit befassen. Das dauert Wochen.

Am Ende könnte eine fertige Anklageschrift stehen – 13 Jahre nach der Privatisierung von Bundes-Wohnbaugesellschaften (Buwog). Grasser wird bekanntlich angelastet, er habe sich einen Teil der 9,6-Millionen-Euro-Verkaufsprovision, die an die Lobbyisten Walter Meischberger und Peter Hochegger floss, auf ein für ihn eingerichtetes Konto überweisen lassen.

Zur Erinnerung: Der zweite Vorwurf gegen Grasser und Co. bezieht sich auf die Einmietung der Finanz in ein vom Baukonzern Porr errichtetes Gebäude, den Terminal Tower in Linz. Dabei sollen Schmiergelder geflossen sein, auch an Grasser. Dieser weist alle Vorwürfe immer wieder entschieden zurück. Schon vor gut einem Jahr hat Grasser in einem „Presse“-Exklusivinterview die Frage beantwortet, wie er einen etwaigen Strafprozess sehe: „Was der Staatsanwalt gegen mich verfasst, liest sich wie ein Kriminalroman. Das hat mit der Wahrheit nichts zu tun.

Meine Hoffnung ist einfach, dass ein unabhängiger Richter Recht spricht. Meine Hoffnung ist aber auch, dass der Staatsanwalt das Verfahren doch noch einstellt.“ Wenn dieser mögliche Prozess „fair“ ablaufe, so Grasser damals, „muss es einen Freispruch geben. Der Staatsanwalt entwickelte ein Fantasiekonstrukt. Vielleicht auch deshalb, weil er dafür verantwortlich ist, dass er ein Verfahren sechs Jahre lang führt und dafür Millionen an Steuergeldern ausgibt.“

Seine Leistung? Ein Tipp!

Nun zu Grasser-Freund Meischberger, einst FPÖ-Generalsekretär, später Lobbyist: Dieser steht aktuell vor Gericht, so auch gestern, Mittwoch. Weil im Juni 2005 eine 600.000-Euro-Provision, bezahlt von der früheren Porr-Tochter UBM, an ihn geflossen ist. Die unvermeidliche Frage, eine solche, die sich Meischberger einst selbst gestellt hat, nämlich „Wo woa mei' Leistung?“, will nun auch das Gericht beantwortet wissen.

Meischberger erklärt, er habe schlicht und einfach einen Tipp gegeben. Dieser Tipp habe der UBM zum Erwerb eines Münchner Hotels verholfen. Mit einem ganz anderen Immo-Projekt, nämlich mit der in Wien spielenden Causa Brehmstraße, habe die Provision nichts zu tun. In dieser Causa wurde auch gegen Grasser ermittelt. Erfolglos. Die WKStA ruderte zurück, stellte das Korruptionsverfahren ein. Am Mittwoch wurde eine diesbezügliche Grasser-Aussage im Gerichtssaal verlesen. Damit bleibt ihm ein Zeugenauftritt erspart.

Nicht einmal der als Beschuldigter übrig gebliebene Meischberger muss die Brehmstraße (Einmietung von Zollbehörden in ein Porr-Gebäude an nämlicher Adresse) verantworten. Ihm wird Beihilfe an der Untreue der UBM-Manager vorgeworfen, da die Staatsanwälte die Version mit dem Hoteltipp nicht gelten lassen. Heute wird weiterverhandelt, am Freitag könnten die Urteile ergehen.

Und der Ex-FPÖ-/BZÖ-Politiker Peter Westenthaler? Er muss fürchten, dass heute, Donnerstag, der OGH die Freisprüche in der Lotterien-Affäre rund um mutmaßlich illegale Parteienfinanzierung (300.000 Euro flossen 2006 von den Lotterien an das BZÖ) und in der Causa Bundesliga (eine Fördermillion soll widmungswidrig verwendet worden sein) aufhebt.

Das wäre denkbar schlecht für Westenthaler. Denn dann könnte der gegen ihn geführte Betrugsprozess wiederholt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2016)

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