Tausende Demonstranten forderten in Brasilia und Sao Paolo den Rücktritt Dilma Rousseffs. Das Parlament hat ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet.
Das brasilianische Parlament hat am Donnerstag ein Amtsenthebungsverfahren für Präsidentin Dilma Rousseff in die Wege geleitet, die um ihr politisches Überleben kämpft. Die Abgeordneten wählten eine Sonderkommission aus 65 Parlamentariern, die einen Bericht über die Verfolgung eines Amtsenthebungsverfahrens vorlegen soll.
Rousseffs Versuch, ihren Amtsvorgänger Luiz Inacio Lula da Silva als zentrale Stütze ins Kabinett zu holen, brachte zunächst wenig Entlastung. Für die Anklageerhebung gegen die Präsidentin müsste sich das Abgeordnetenhaus im Plenum mit 342 von 513 Stimmen aussprechen. Wird das Amtsenthebungsverfahren auf diesem Wege bis vor den Senat getragen, muss Rousseff ihre Amtsfunktionen für eine Dauer von bis zu 180 Tagen ruhen lassen. Der Senat kann mit 54 von 81 Stimmen eine Amtsenthebung beschließen.
Die Präsidentin sieht sich mit Massenprotesten konfrontiert, an denen allein am Wochenende mehr als drei Millionen Menschen teilnahmen. Die Zustimmungswerte der linksgerichteten Präsidentin liegen bei knapp zehn Prozent. Rund 60 Prozent der Brasilianer sind für ihre Amtsenthebung.
Demonstranten wollten Präsidentenpalast stürmen
Die Forderungen nach einem Rücktritt Roussefs wurden am Donnerstag sowohl in Brasilia als auch in Sao Paulo wieder laut. Tausende hatten sich vor dem Präsidentensitz und dem Kongress in der Hauptstadt versammelt, um gegen Rousseff zu protestieren. Als sich die wütende Menge den Gebäuden weiter näherte, setzte die Polizei Tränengas und Lärmgranaten ein, um die Menge von einer Stürmung abzuhalten.
Auch in der Wirtschaftsmetropole Sao Paulo demonstrierten die zweite Nacht in Folge wieder tausende Menschen gegen die angeschlagene Präsidentin. "Rücktritt, Rücktritt", riefen tausende in Sprechchören in Sao Paulo. Auf einem Spruchband wurde das Amtsenthebungsverfahren begrüßt. Einige der Demonstranten kündigten an, im Stadtzentrum zu zelten, bis die Präsidentin zurückgetreten sei.
Ex-Präsident Lula als Hintertür
Rousseff wird unter anderem für die schlimmste Rezession in Brasilien seit Jahrzehnten verantwortlich gemacht. Darüber hinaus gibt es weitreichende Korruptionsvorwürfe, ein Großteil von ihnen ist mit den Geschäften des Ölkonzerns Petrobras verknüpft. Allein im Zusammenwirken zwischen Petrobras und Baufirmen sollen umgerechnet zwei Milliarden Dollar (1,81 Mrd. Euro) falsch ausgewiesen worden sein, um Bestechungszahlungen an Politiker und Parteien abzweigen zu können.
Ob Ex-Präsident Lula nun zu einer politischen Stütze Rousseffs wird, war am Donnerstag unklar. Die Präsidentin setzte den 70-Jährigen als Stabschef ein. Der Richter Itajiba Catta Preta untersagte dies umgehend, die Regierung wiederum legte gegen diese Entscheidung Berufung ein.
Wenn Lula in der aktuellen Regierung eine Funktion übernehme, so könne dies als eine "unzulässige" Einmischung in die Zuständigkeiten von Polizei und Staatsanwaltschaft betrachtet werden, erklärte der Richter aus Brasilia.
(APA/AFP)