Asyl: Schulen warten auf Geld

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Symbolbild.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Ärger wegen der seit Monaten verzögerten Abgeltung für Sprachförderung und Lehrer steigt. Wiens Stadtschulratspräsident Czernohorszky wirft Finanzministerium zu „langsame Arbeit“ vor.

Wien. In den Bundesländern, aber auch bei Schulen und Lehrern wächst der Unmut über ausbleibendes Geld für die Integration von Flüchtlingskindern. Die Bundesregierung hat bereits bei ihrem Flüchtlingsgipfel im September 2015 einen Sondertopf von insgesamt 75 Millionen Euro für die Integration von Asylwerbern vereinbart. Inzwischen steht fest, dass das Bildungsministerium davon 23,75 Millionen Euro erhält, die weiteren rund 50 Millionen gehen an das Innen-, Integrations- und Sozialministerium. Rund 10.000 Flüchtlingskinder gibt es bundesweit in Österreichs Schulen, rund 2500 davon allein in Wien. Länder und Schulen warten aber noch auf das zugesagte zusätzliche Geld.

In der Vorwoche haben bereits mehrere Bundesländer deswegen den Druck auf Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) erhöht. Der Präsident des Wiener Stadtschulrates, Jürgen Czernohorszky, legt im Gespräch mit der „Presse“ ein Schäuferl nach – allerdings in Richtung des von Hans Jörg Schelling (ÖVP) geführten Finanzministeriums. Dieses muss die Zustimmung zu der vom Bildungsressort angemeldeten Abgeltung konkreter Integrationsmaßnahmen geben. „Würden wir so langsam wie das Finanzministerium arbeiten, wären die jugendlichen Flüchtlinge alle nicht beschult“, kritisiert der amtsführende Wiener Stadtschulratspräsident.

Die Gewerkschaft der Wiener Pflichtschullehrer hat schon im Februar 1000 zusätzliche Pädagogen gefordert. Wiens Schulen kämpfen mit wachsenden Schwierigkeiten. In zehn Fällen gibt es notgedrungen, wie bereits berichtet, sogar eigene Klassen für Mädchen und Burschen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, während Heinisch-Hosek „Ghettoklassen“ an sich ablehnt.

Die Freigabe zumindest eines Teils der knapp 24 Millionen an zusätzlicher Förderung zur Integration im Bildungswesen steht nun unmittelbar bevor. Im Büro von Ministerin Heinisch-Hosek wurde der „Presse“ Montagmittag erklärt, dass es für einen großen Teil davon bereits grünes Licht vom Finanzministerium gebe. Der größte Brocken sei dabei die Ausgabe für umgerechnet 208 Lehrer zur Sprachförderung.

„Es gibt noch kein grünes Licht“

Das war offensichtlich verfrüht. Denn im Finanzministerium wurde wenig später zwar bestätigt, dass die Freigabe des Geldes noch für diese Woche vorgesehen sei. Zugleich wurde aber am Montagnachmittag eingeschränkt: „Es gibt noch kein grünes Licht.“ Vielmehr werde noch geprüft.

Außerdem weist Finanzminister Schelling ausdrücklich darauf hin, dass die Auszahlung an bestimmte Auflagen geknüpft ist: Transparenz beim Einsatz der Ressourcen zur Integration; Überprüfung der Effektivität der Sprachkurse, sodass es nicht beim bloßen Absitzen der Kurse bleibt; außerdem betont das Finanzministerium ausdrücklich, dass der Einsatz der 208 Lehrerposten zur Sprachförderung nur temporär erfolge und mit dem heurigen Schuljahr ende.

Mit den Zahlungen aus dem Sondertopf für Integration ist der Kampf um mehr Geld überdies keineswegs ausgestanden. Denn Bundesländer, Schulen und Lehrer erwarten sich auch mehr Geld dafür, dass seit Beginn dieses Schuljahres 2015/16 zusätzliche Arbeit wegen der rund 10.000 Flüchtlingskinder anfällt. Die Kosten für Lehrer trägt das Finanzministerium auch sonst generell nach einem im Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden festgelegten Verhältnis zwischen Lehrer- und Schülerzahlen. Das Problem dabei: Die Zuteilung der Mittel wird im Oktober festgelegt, viele Kinder sind aber erst seit dem Spätherbst 2015 mit der Flüchtlingswelle nach Österreich und in die Klassen gekommen.

Für Schelling ist Heinisch-Hosek am Zug

Schelling sieht dabei Ministerin Heinisch-Hosek gefordert. Diese müsse aus dem rund acht Milliarden Euro umfassenden Schulbudget dafür aufkommen. Damit wird das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen den beiden weiter belastet. Gerade jetzt steht bis Ende April die Verlängerung des neuen Finanzpfades bis 2020 mit Beschluss in der Regierung und im Nationalrat bevor.

Die ÖVP-nahe Schülerunion schlägt hingegen schon die nächste Ausweitung vor. Obmann Philipp Kappler trat im Gespräch mit der Austria Presse Agentur dafür ein, dass jugendliche Flüchtlinge auch nach der Schulpflicht eine Schule besuchen dürfen – in einem ersten Schritt für Sprachkurse.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2016)

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