Merkwürdiger Flugzeugentführer

Media gather at Larnaca Airport near a hijacked Egyptair Airbus A320
Media gather at Larnaca Airport near a hijacked Egyptair Airbus A320(c) REUTERS (YIANNIS KOURTOGLOU)
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Ein „labiler“ Mann sorgte mit einem angeblichen Sprengstoffgürtel dafür, dass ein Inlandsflug der EgyptAir auf Zypern landete. Persönliche Gründe dürften sein Motiv gewesen sein.

Wien/Larnaka/Kairo.  Die Erleichterung darüber, dass es sich offenbar nicht um einen terroristischen Vorfall handelte, brachte den griechisch-zypriotischen Präsidenten, Nikos Anastasiades, am Dienstag kurz zum Lachen. Ob es bei der ganzen Geschichte letztlich um eine Frau gehe, wollte ein Reporter von ihm wissen, nachdem ein Entführer einen Airbus der EgyptAir im zypriotischen Larnaka hatte notlanden lassen. Es sei doch, antwortete darauf Anastasiades, immer eine Frau involviert.

Während der Präsident für diesen Satz kritisiert wurde, zitierte der britische „Guardian“ einen Sprecher des ägyptischen Außenministeriums: Der Entführer „ist kein Terrorist, er ist ein Idiot“. Nun, wer oder was der Entführer wirklich ist, darüber gab es den ganzen Dienstag lang reichlich Spekulation: Der Mann schaffte es, einen Airbus A320, der Dienstagfrüh von Alexandria nach Kairo fliegen sollte, in seine Gewalt zu bringen. Dem Piloten sagte er, dass er sich mit einem Sprengstoffgürtel in die Luft jagen werde, sollte das Flugzeug nicht auf Zypern landen.

An Bord befanden sich widersprüchlichen Angaben zufolge 55 bis 81 Personen. In Larnaka ließ der Entführer einen Teil der Geiseln frei, bis zum frühen Nachmittag waren sieben Menschen noch in seiner Gewalt. Schließlich ließ er auch sie gehen – eine Geisel kletterte aus dem kleinen Cockpit-Fenster –, ehe er mit erhobenen Händen das Flugzeug verließ, woraufhin er verhaftet und die Geiselnahme beendet wurde.

Bei dem Täter soll es sich um einen 59-Jährigen handeln, der nach Angaben des Innenministeriums in Kairo aus dem Jus-Studium geflogen und der Polizei wegen einer langen Liste von Straftaten bekannt war. Er habe unter anderem Raubüberfälle begangen. Staatliche ägyptische Medien veröffentlichten Fotos, auf denen ein Mann mittleren Alters mit Brille zu sehen ist, der einen weißen Gürtel mit dicken Taschen trägt, aus dem Drähte herausragen. Wie sich später herausstellte, hatte er eine Bombenattrappe getragen: Er hatte mehrere Handy-Hüllen miteinander verbunden, sie mitsamt Kabeln in eine Art Gürtel gesteckt und dies als Sprengstoffgürtel ausgegeben.

Der Pilot des Flugzeuges, Omar al-Gammal, sagte der Nachrichtenagentur Reuters, der Entführer habe abnormal gewirkt. Er habe den vermeintlichen Sprengstoffgürtel jedenfalls als ernsthafte Bedrohung behandeln müssen.

Selfie mit dem Geiselnehmer

Er wirke „labil“, sagte ein Offizieller des zypriotischen Außenministeriums, das mit dem Entführer verhandelt hatte. Unklar blieb vorerst, was genau der Hijacker mit seiner Flugzeugentführung eigentlich bezwecken wollte. „In den ersten drei Stunden der Verhandlungen erklärte der Entführer, er wolle einen Umschlag mit einem Brief an seine Ex-Frau übergeben“, sagte der zyprische Regierungssprecher Nikos Christodoulides. Dann habe der Mann auch andere Forderungen – etwa die die Freilassung weiblicher Häftlinge in Ägypten – gestellt. Diese habe er ebenfalls in seinem Brief niedergeschrieben. Den in Arabisch verfassten Brief habe er aus einem Fenster des Flugzeuges geworfen. „Wir warten jetzt auf die offizielle Übersetzung“, sagte Christodoulides. Erst dann werde man mehr über die Motive des Mannes wissen.

Unabhängig davon stellt sich die Frage, wie es um die Sicherheitsbestimmungen auf ägyptischen Flughäfen bestellt ist. Erst Ende Oktober ist eine russische Maschine, die in Sharm el-Sheikh gestartet war, über dem Sinai explodiert. Damals brüstete sich der sogenannte Islamische Staat (IS) damit, den Sprengstoff problemlos in die Maschine geschafft zu haben. Passagiere berichten oft, dass die Sicherheitsvorkehrungen in ägyptischen Flughäfen lax seien, so können Fluggäste Flüssigkeiten praktisch unbegrenzt mitnehmen, und nicht alle würden abgetastet. (duö)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2016)

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