James Bond auf Österreichisch

Gleich drei Geheimdienste sammeln Informationen über Bedrohungen aus dem In- und Ausland. Das Heeresabwehramt gerät nicht zum ersten Mal ins Kreuzfeuer der Kritik.

Wien.Es war ein hochnotpeinlicher Auftritt. Erich Deutsch, Chef des Heeresabwehramtes (HAA), musste am 13.6.2007 im Eurofighter-Untersuchungsausschuss zugeben, dass er ausgerechnet mit dem Waffenlobbyisten Erhard Steininger auf Urlaub war. Und das noch dazu zu einem Zeitpunkt, als Steininger für den U-Ausschuss nicht auffindbar war.

Deutsch wurde nach der Affäre abgelöst, sein Geheimdienst – es ist der Inlandsgeheimdienst des Bundesheeres – steht weiter im Kreuzfeuer der Kritik. Der Untersuchungsausschuss, der sich am Freitag im Parlament konstituiert hat, wird sich zu einem guten Teil mit der Frage befassen, ob die Agenten im Solde des Heeres einzelne Politiker mit geheimen Daten gefüttert haben.

Darabos ließ aufräumen

Erstaunen würde das niemanden. Das Heeresabwehramt gilt als Schlangengrube. Verteidigungsminister Norbert Darabos schickte nach dem erzwungenen Abgang von Deutsch einen erfahrenen Offizier, nämlich Wolfgang Schneider, zum „Aufräumen“. Der sprach selbst von „gewaltigen Altlasten“, von gegenseitigem Bespitzeln und anonymen Anzeigen. Jetzt geht Schneider in Pension, in der Überzeugung, seinem Nachfolger einen sanierten Geheimdienst zu hinterlassen. Vier Mitarbeiter wurden versetzt, gegen einen wurde Anzeige erstattet.

Tatsächlich dürfte es sich bei der jetzt aufgeflogenen Affäre um eine Altlast handeln. Der Geheimnisverrat soll zum überwiegenden Teil bereits in den Jahren 2000 und 2001 stattgefunden haben – zu einem Zeitpunkt, als Herbert Scheibner (damals FPÖ, jetzt BZÖ) Verteidigungsminister war. Geheime Informationen sollen auch an Scheibner und seinen Fraktionskollegen Ewald Stadler gegangen sein. Beide dementieren: Scheibner will gar keine Informationen bekommen haben, Stadler nur solche, die ihm offiziell in seiner Funktion als Volksanwalt zufielen.

Gegründet wurde das Heeresabwehramt 1984 vom FPÖ-Verteidigungsminister Friedhelm Frischenschlager, der sich vom damaligen Heeresgeheimdienst überwacht fühlte und diesen zweiteilte: in das Heeresnachrichtenamt (HNA), das für Bedrohungen aus dem Ausland zuständig ist, und das Abwehramt. Im HNA dominierte von da an die ÖVP, im HAA die SPÖ – mit einigen FPÖ-Einsprengseln.

Die Aufgaben des Abwehramtes und seiner 250 Mitarbeiter: Spionage- und Sabotageabwehr, Schutz von sensiblen Unterlagen sowie Objekt- und Truppenschutz. Zudem prüft das Amt die Verlässlichkeit von Personen, die Zutritt zu besonders sicherheitsrelevanten Bereichen haben. In den vergangenen Jahren wurde auch der IT-Schutz (die sogenannte elektronische Abwehr) immer wichtiger.

Gegen Unterwanderung

Auch die Gefahr, dass das Bundesheer von Extremisten unterwandert wird, ist ein Thema. Ein aktueller Fall: Einem Berufssoldaten, nebenbei oberösterreichischer FPÖ-Lokalpolitiker, wurde der Aufstieg in höhere Ränge verwehrt, weil er auch enge Kontakte zur rechtsextremen Szene gehabt haben soll.

Ein bisschen James-Bond-Romantik ist auch dabei, wenn HAA-Mitarbeiter ermitteln. Denn sie dürfen – genauso wie Mitarbeiter des Heeresnachrichtenamtes – in speziellen Fällen auch mit falschen Identitäten auftreten. Das erlaubt das Militärbefugnisgesetz (§22a). Zum Zweck der verdeckten Ermittlung können den Heeresagenten legal angepasste Urkunden ausgestellt werden, die über die wahre Identität hinwegtäuschen. Die Anordnung muss dabei vom Verteidigungsminister kommen. Und ein eigener Rechtsschutzbeauftragter kontrolliert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.07.2009)

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