Das Wirtschaftsministerium dementierte Berichte, wonach eine „vorläufige Anwendung“ möglich sei.
Wien. Das Freihandelsabkommen der EU mit Kanada (Ceta) kann nicht ohne parlamentarische Zustimmung umgesetzt werden: Weil es sich um ein „gemischtes Abkommen“ handle, würden die nationalen Parlamente und auch das EU-Parlament über den finalen Text mit allen Details abstimmen, verlautete gestern aus dem Wirtschaftsministerium. Kritische Wortmeldungen sonder Zahl hatte es am Donnerstag nach einem Medienbericht gegeben – etwa von Greenpeace, Global 2000, aber auch von Arbeiterkammer (AK) und Grünen-Abgeordneten. Sie warfen dem Wirtschaftsministerium im Kern vor, es habe einer „vorläufigen Anwendung“ ohne parlamentarischen Sanktus von Ceta zugestimmt, wie dies in einem „Standard“-Bericht behauptet worden war.
Im Ministerium heißt es dagegen, es gelte zur Beschlussfassung zum gesamten Abkommen weiter die bisherige Position. Vorläufig angewendet würden bei „gemischten Abkommen“ im Regelfall nur jene Teile, die in ausschließlicher EU-Zuständigkeit liegen, also etwa der Wegfall von Zöllen, aber eben nicht zum Beispiel der Investorenschutz.
Diese vorläufige Anwendung von Abkommen wie Ceta erfordert aus Sicht des Ressorts ein vorheriges Ja des EU-Parlaments. Diese Zustimmung werde Österreich beim nächsten EU-Handelsministerrat im Mai von der EU-Kommission einfordern.
Blaupause für TTIP
AK-Präsident Rudolf Kaske hatte zuvor gemahnt, es sei „demokratiepolitisch schwerst bedenklich“, einer vorläufigen Ceta-Anwendung „hinter dem Rücken des Parlaments“ zuzustimmen. Damit würden nur Interessen von Teilen der Wirtschaft bedient, und man stelle sich gegen den Willen der Mehrheit der Zivilgesellschaft. Auch Grünen-Europasprecher Werner Kogler bezeichnete die angeblichen Pläne des Wirtschaftsministers, das Parlament in Wien zum Kanada-Abkommen zu „umgehen“, als „vollkommen unakzeptabel“. Die Plattform TTIP-Stoppen – unter anderem mit Global 2000 und Attac an Bord – sprach sich am Donnerstag für ein klares Nein zu Ceta aus, das als Blaupause für das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA angesehen wird. (ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2016)