Syrien: "Scheinwahlen" im Bürgerkriegsland

An der Wahlurne.
An der Wahlurne.APA/AFP/JOSEPH EID
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Das neue Parlament wird nur in den von der Regierung kontrollierten Gebieten gewählt. Gleichzeitig beginnt eine neue Runde der Friedensgespräche in Genf.

Es ist nahezu paradox: Während knapp fünf Millionen Syrer auf der Flucht sind, die Gefechte im Land trotz Waffenstillstands weitergehen und am Mittwoch eine weitere Runde der Friedensgespräche zwischen Regierungsgruppen und Opposition in Genf beginnt, hält Syriens Regierung am Mittwoch Parlamentswahlen ab. Lediglich die Bewohner der von der Regierung kontrollierten Gebiete können an der Abstimmung teilnehmen. Das sind rund 60 Prozent der syrischen Bevölkerung. Die Wahllokale sollen um 19.00 Uhr Ortszeit schließen.

Mehr als 11.300 Kandidaten hatten sich zunächst um die 250 Sitze im Parlament in Damaskus beworben, 3.500 von ihnen hielten bis zum Schluss an ihrer Kandidatur fest. Zur Wahl stellen dürfen sich auch Kandidaten, die nicht zur Baath-Partei des syrischen Machthabers Bashar al-Assad gehören. Es wird dennoch mit einem neuerlichen Sieg der Baath-Partei gerechnet. Es ist die zweite Parlamentswahl in Syrien seit Beginn des Bürgerkriegs im März 2011. Das Signal lautet: Präsident Bashar al-Assad will weitermachen wie bisher.

UNO will Ergebniss nicht anerkennen

Die Opposition, einer der Kriegsgegner des Assad-Regimes, hat zum Boykott des Urnengangs aufgerufen. Auch die Vereinten Nationen wollen das Ergebnis nicht anerkennen. Sie plädieren dafür, im Rahmen eines Friedensprozesses in den kommenden 18 Monaten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen abzuhalten.

"Die heutigen Wahlen sollen ein rechtliches Vakuum verhindern", verteidigte der russische Außenminister Sergej Lawrow den Urnengang am Mittwoch. Die neue Regierung solle eine neue Verfassung verabschieden, die den Weg für frühe Neuwahlen bereite. Mit den Parlamentswahlen würden die rechtlichen Grundlagen dazu geschaffen.

Der UNO-Sondergesandte Staffan de Mistura hatte die nächste Phase der Friedensgespräche in Genf, die am Mittwoch starteten, als "entscheidend" bezeichnet, da sie sich mit dem politischen Übergang befasst. Hier liegen die Positionen von Regierung und Opposition weit auseinander: Die Regierung will eine um Oppositionelle erweiterte Übergangsregierung unter Assads Führung einsetzen, die Opposition will ein Exekutivgremium schaffen, dem Assad nicht angehört.

Mehr Kämpfe trotz Waffenruhe

De Mistura zeigte sich angesichts der Zunahme der Kämpfe in Syrien beunruhigt. Vor allem in den Regionen Hama, Damaskus und Aleppo werde trotz des geltenden Waffenstillstands verstärkt gekämpft. Zugleich sei er zuversichtlich, dass diese Zunahme begrenzt bleibe.

Die UN-Botschafterin der USA, Samantha Power, zeigte sich "sehr alarmiert" über eine von Damaskus angekündigte Regierungsoffensive mit russischer Unterstützung in Aleppo. Zudem beklagte sie, der Zugang für humanitäre Hilfe sei wieder zurückgeschraubt worden. Da die syrische Regierung ihre Zusagen nicht einhalte, "hat der politische Prozess kaum Chancen auf Erfolg", sagte Power.

In Syrien gilt seit Ende Februar eine Waffenruhe zwischen Regierungstruppen und gemäßigten Rebellen. Ausgenommen von der Feuerpause sind Angriffe auf die Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) und die mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida verbündete Al-Nusra-Front.

(APA/AFP)

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