Geständnis im Telekom-Prozess: "Habe das Geld genommen"

ÖVP-Abgeordneter Bernd Schönegger, Ex-eTel-Chef Achim Kaspar und Ex-Telekom-Manager Michael Fischer
ÖVP-Abgeordneter Bernd Schönegger, Ex-eTel-Chef Achim Kaspar und Ex-Telekom-Manager Michael FischerAPA/HERBERT NEUBAUER
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Laut der Geschäftsführerin der mittlerweile insolventen Agentur hat nicht die steirische ÖVP, sondern die Bundespartei von der Telekom-Zahlung profitiert. Ihre Darstellung widerspricht der Anklage.

Im Prozess um die 120.000 Euro, die von der Telekom Austria über eine Werbeagentur an die steirische ÖVP zur Finanzierung des Grazer Gemeinderatswahlkampfes 2008 geflossen sein sollen, haben sich am Mittwoch im Wiener Landesgericht fünf Angeklagte - darunter der ÖVP-Nationalratsabgeordnete Bernd Schönegger - nicht schuldig bekannt. Demgegenüber legte die sechste Angeklagte ein Geständnis ab.

Bei letzterer handelt es sich um die Geschäftsführerin der mittlerweile insolventen Werbeagentur. Ihrer Aussage zufolge habe von der Telekom-Zahlung nicht die steirische ÖVP, sondern die Bundespartei profitiert. Konkret will die Werberin Ende 2007 vom damaligen Telekom-Vorstand Gernot Schieszler angerufen worden sein, der sich "auf eine Abmachung mit der ÖVP-Bundespartei" berufen und gemeint hätte, er hätte einen Auftrag über 100.000 Euro für sie. Schließlich bekam sie von der Telekom-Tochter eTel das Geld überwiesen, ohne eine Leistung erbracht zu haben. Sie habe für die eTel dann ein "reelles Angebot" über Beratung der Integration der Markenarchitektur der eTel in die Telekom erstellt, die ihr zugeflossenen Gelder aber mit Leistungen verrechnet, die sie für die Bundes-ÖVP erbrachte.

Schieszler habe ihr avisiert, es würden "Leute von der ÖVP auf mich zukommen", erzählte die Angeklagte weiter. Als das nicht geschah, habe sie "in meiner Verzweiflung" einen ihr bekannten Wirtschaftsprüfer kontaktiert. Über dessen Vermittlung habe sie "kurzfristig mit einem Mitarbeiter der Bundespartei" ausgemacht, österreichweite Markt- und Meinungsforschung zu betreiben, die Beliebtheitswerte der damaligen ÖVP-Minister und Spitzenpolitiker abzufragen und das Interesse der Bevölkerung an bestimmten politischen Themen zu erforschen.

"Habe Geld genommen und für wen anderen gearbeitet"

"Ich hab' ein Geld genommen und hab für wen anderen gearbeitet", so die Werberin. Ende 2008 habe sie dann erfahren, dass es eine Betriebsprüfung bei der eTel gab. Da habe sie dann - um die Rechtmäßigkeit des erhaltenen Geldes belegen zu können - eine 40-seitiges Papier über Markenfusion erstellt, das brutto einen Wert von 120.000 darstellen sollte. Die Qualität dieser Arbeit überzeugte den Richter aber nicht. "Ich weiß nicht, aus welchem Schulbuch das abgeschrieben ist. Da ist Wikipedia konkreter", bemerkte er.

Als Staatsanwalt Volkert Sackmann wissen wollte, ob sie ihre Arbeiten für die Bundes-ÖVP belegen könne, musste die 35-Jährige verneinen. Sie habe nach der Insolvenz ihrer Agentur binnen 14 Tagen das Büro räumen müssen. Außerdem habe der Masseverwalter "den Server gelöscht". Auf die Frage, mit wem sie seitens der Bundes-ÖVP über die Verwendung der Telekom-Gelder gesprochen habe, meinte die angeklagte Werberin, der Betreffende habe "so ähnlich wie ein Stein geheißen, Marmor vielleicht". Auch mit dem Bundesgeschäftsführer habe sie gesprochen.

Darstellung widerspricht der Anklage

Diese Darstellung widerspricht der Anklage. Von dem inkriminierten Geldfluss soll laut Staatsanwalt die steirische ÖVP profitiert haben, wobei Schönegger als Geschäftsführer der Grazer Volkspartei zu der Untreue zulasten der Telekom beigetragen soll. Dies dadurch, indem er zwischen 9. Jänner 2008 und 14. Jänner 2008 in Graz die Daten des Rechnungsempfängers sowie den Inhalt der zu erstellenden Scheinrechnung der Geschäftsführerin der Werbeagentur weiterleitete und ihr auftrug, die Telekom-Gelder auf Rechnung der steirischen ÖVP entgegen zu nehmen und für deren Zwecke im Grazer Gemeinderatswahlkampf zu verwenden.

Schönegger und die steirische ÖVP bestreiten die Vorwürfe entschieden. "Die ÖVP Steiermark hat weder direkt noch über Umwege ein Geld von der Telekom bekommen", versicherte der Rechtsvertreter der steirischen Landesgruppe. Auch Schönegger selbst beteuerte seine Schuldlosigkeit. Als aktiver Politiker sei er zwar "das interessante Objekt dieses Prozesses", habe mit der ganzen Sache aber nichts zu tun, betonte er.

Fischer: "Bettelbriefe waren gang und gäbe"

Der Telekom-Bereichsleiter, der im Auftrag von Telekom-Vorstand Rudolf Fischer die 120.000 Euro Richtung ÖVP in Bewegung gesetzt haben soll, blieb am Mittwoch bei seinen bisherigen Angaben und stütze damit die Anklage. Das Geld sei "nicht für die Bundespartei, sondern die ÖVP Graz gewesen", sagte er. Fischer selbst bestätigte in seiner Einvernahme eine Zahlung von 100.000 Euro an die Bundes-ÖVP. Er sprach von einem "100.000 Euro-Sponsoring" und bezeichnete dies als "ganz normalen Vorgang". "Bettelbriefe waren gang und gäbe. Nicht nur von einer Partei, von allen anderen auch", stellte Fischer fest.

(APA)

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