Die ÖVP und das Telekom-Geld

ÖVP-Wehrsprecher Bernd Schönegger muss sich seit Mittwoch vor einem Wiener Gericht verantworten. Er will mit illegaler Parteienfinanzierung aber nichts zu tun haben.
ÖVP-Wehrsprecher Bernd Schönegger muss sich seit Mittwoch vor einem Wiener Gericht verantworten. Er will mit illegaler Parteienfinanzierung aber nichts zu tun haben. APA
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Der ÖVP-Nationalratsabgeordnete Bernd Schönegger sowie vier Ex-Telekom-Manager und eine ÖVP-nahe Werberin standen wegen Untreue vor dem Strafrichter. Via Scheinrechnung flossen 120.000 Euro in Richtung Partei.

Wien/Graz. Ein aktiver Nationalratsabgeordneter als Angeklagter vor Gericht – das ist selten. Am Mittwoch war es für ÖVP-Wehrsprecher Bernd Schönegger so weit. Er musste Beteiligung an der Untreue verantworten. Und bekannte sich nicht schuldig. Die dahinter stehende Geschichte mag Beobachtern bekannt vorkommen: Wieder einmal ist Geld der Telekom Austria (TA) in Richtung Politik geflossen. Waren in vorangegangenen Prozessen vor allem FPÖ und BZÖ betroffen, so soll diesmal die ÖVP Nutznießerin gewesen sein.

Jänner 2008: Via Scheinrechnung fließen 119.760 Euro. Die Rechnung wird von der ÖVP-nahen Werberin und Beraterin B. gelegt. Und zwar an die Telekom-Austria-Tochter eTel Austria. Als Grund für die Zahlung wird „Beratung“ für die „Integration“ der eTel in die TA angegeben.

Sie habe für das Geld auch gearbeitet, sagt B. am Mittwoch unter Tränen im Straflandesgericht Wien. Aber nicht für die eTel, sondern für die ÖVP. Und: B. gesteht. Sie bekennt sich der Beihilfe zur Untreue der Telekom schuldig.

Welchen Teilen der ÖVP kam das Geld zugute? Jedenfalls nicht der Grazer Volkspartei, die damals im Gemeinderatswahlkampf stand, sagt deren Rechtsvertreter. Und Schönegger, seit 2005 Geschäftsführer der Grazer VP, gibt an, dass er erst aus dem Gerichtsakt von den Vorwürfen erfahren habe.

„Zweck: Grazer Wahlkampf“

In der Anklageschrift heißt es: Schönegger habe der ÖVP-nahen Agentur von B. den Auftrag erteilt, „die Zahlung auf Rechnung der steirischen Volkspartei entgegenzunehmen und für deren Zwecke im Grazer Gemeinderatswahlkampf zu verwenden“.

War das so? Laut dem Geständnis von B. sei sie es gewesen, die Schönegger über ihre Verwicklung in die Telekom-Transaktion informiert habe – aber erst, nachdem der Fall aktenkundig geworden war. B.: „Nach meiner Einvernahme habe ich dem Schönegger gesagt, was ich angestellt habe.“ Nicht die steirische Volkspartei, sondern „ein Mitarbeiter der ÖVP-Bundespartei kam mit einem Auftrag zur Marktforschung auf mich zu“. So habe sie etwa die Beliebtheitswerte der damaligen ÖVP-Minister abfragen sollen.

Wer denn da auf sie zugekommen sei, will der Richter wissen? An den Namen könne sie sich nicht mehr erinnern. Ihre Leistungen für die Partei seien nirgends mehr aufgezeichnet, da ihr Server nach der Insolvenz ihrer Agentur vom Masseverwalter gelöscht worden sei. Ob Beraterin B. nun die steirische ÖVP aus der Sache heraushalten will, oder ob diese – entgegen den Anklagevorwürfen – tatsächlich nicht involviert war, muss das Gericht klären.

„Ganz normales Sponsoring“

Zu den weiteren Angeklagten: Da ist Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer. Er ist bereits in einer anderen Finanzierungs-Causa rechtskräftig verurteilt und sitzt nun mit einer Fußfessel im Saal. Da ist der Ex-Telekom-Public-Affairs-Chef und frühere ÖVP-Manager Michael Fischer. Weiters zählen zwei Ex-eTel-Vorstände zu den Beschuldigten. Sie alle bekennen sich nicht schuldig. Rudolf Fischer spricht von einem „ganz normalen Sponsoring“. Michael Fischer meint, ihn habe es für den Geldfluss gar nicht gebraucht. Diesen habe der damalige Ex-TA-Finanzvorstand, Gernot Schieszler, der spätere Kronzeuge, eingefädelt. Allerdings hat Michael Fischer ein E-Mail an Schönegger geschrieben, in dem von der Rechnung an die eTel die Rede war. „In dem Mail an Schönegger habe ich geschrieben, was mir Schieszler sagte.“ Und: „Ich oder Schieszler hatten vorher die Info, das Geld sei für die ÖVP Graz.“

Auf die Frage des Richters, ob ihm so eine – die Dinge verschleiernde – Rechnung normal vorgekommen sei, sagt Michael Fischer: „Es ist mir schon eigenartig vorgekommen, aber ich habe es nicht hinterfragt, ich war weisungsgebundener Telekom-Mitarbeiter.“ Schönegger – er bezeichnet sich selbst angesichts seines öffentlichen Amtes als „das interessanteste Objekt dieses Prozesses“ – will dieses E-Mail nie erhalten haben. Die Verhandlung wird heute, Donnerstag, fortgesetzt.

AUF EINEN BLICK

Der ÖVP-Nationalratsabgeordnete Bernd Schönegger steht seit Mittwoch wegen Beteiligung an der Untreue vor Gericht. Insgesamt gibt es sechs Angeklagte. Es geht um den Vorwurf der illegalen Parteienfinanzierung in Richtung der Volkspartei. Nur eine ÖVP-nahe Werberin und Beraterin bekennt sich schuldig. Mit ihrem Geständnis relativiert sie jedoch die Anklage.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2016)

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