Kampf gegen Missstände: "Niemand soll sich sicher fühlen"

Peter Pollak
Peter Pollak(c) Stanislav Jenis
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Peter Pollak, Direktor des Wiener Stadtrechnungshofes, verschärft den Kampf gegen Misswirtschaft im Magistrat.

Die Presse: Stimmt es, dass der Stadtrechnungshof die Kontrollen gegen Misswirtschaft im Magistrat verschärft?

Peter Pollak: Das Netz wird engmaschiger. Beispielsweise muss die geprüfte Stelle innerhalb einer gewissen Frist melden, ob sie alle unsere Empfehlungen umgesetzt hat.

Wenn sie es nicht getan hat?

Dann muss sie das schriftlich begründen, das wird dann auch veröffentlicht. Wir werden zusätzlich punktuell nachprüfen, ob die Meldungen, dass unsere Empfehlungen umgesetzt wurden, überhaupt richtig sind.

Was bringt das in der Praxis?

Damit können wir die Schlagzahl erhöhen. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir nach einer Prüfung wieder kommen und uns ein bestimmtes Thema ansehen, erhöht sich.

Welche Kontrollen werden verschärft?

Wir versuchen, 20 Prozent unserer Prüfungen nochmals nachzuprüfen, dazu 20 Prozent der Meldungen, dass Empfehlungen umgesetzt wurden. Wenn gemeldet wird, man habe das teilweise erledigt, sehen wir uns an, warum das nur teilweise erledigt wurde. Die Dichte bei Kontrollen und Nachprüfungen wird verschärft. Niemand soll sich sicher fühlen.

Gibt es so viele Missstände in Wien, die das notwendig machen?

Wir wollen weiße Flächen auf der Landkarte beseitigen, die es noch gibt, etwa im Bereich der Prüfung des Rechnungsabschlusses.

Wie weit ist Korruption im Magistrat verbreitet? Weiter als in anderen Städten?

Mit dem „Wiener Antikorruptionsprogramm“ war die Stadt eine der Ersten, die sich mit Korruptionsprävention und -bekämpfung auseinandergesetzt hat. Dadurch ist das Thema stärker ins öffentliche Blickfeld gerückt und kann der Eindruck entstehen, in Wien stellt sich das Problem häufiger dar.

Wer prüft eigentlich die Prüfer, also den Wiener Stadtrechnungshof?

Seitens der politischen Entscheidungsträger gibt es immer wieder diese Frage. Deshalb unterziehen wir uns nun einer freiwilligen Prüfung. Im nächsten Jahr kommen zwei Rechnungshöfe zu uns, jener aus Oberösterreich und jener aus Sachsen – sie werden uns prüfen. Das soll im Juli fixiert werden, die Prüfung des Stadtrechnungshofes könnte dann mit dem Sommer starten.

Zuletzt haben Rechnungshofberichte über die Wiener Linien und Pachtverträge der Stadt für Aufsehen gesorgt. Macht der Bundesrechnungshof Ihnen Konkurrenz?

Im Gegenteil. Bei der Konferenz der Landesrechnungshöfe besprechen wir mit dem Rechnungshof, wer welche Prüfung macht, um Doppelprüfungen zu vermeiden.

Sie zeigen Missstände auf, Politiker antworten oft: Sie hätten keine Ahnung und würden Ihre Kompetenz überschreiten.

Ich bestreite, dass wir keine Ahnung haben. Wenn wir etwa eine Kultureinrichtung prüfen, maße ich mir nicht an, ein Kulturexperte zu sein. Aber meine Leute haben eine Ahnung von Finanzgebarung. Wir sagen nur, ob etwas ein wirtschaftlicher Erfolg oder Misserfolg war und wie die öffentlichen Mittel verwendet werden.

Gern kontern Politiker: Es seien politische Entscheidungen gewesen, Sie hätten das nicht zu hinterfragen.

Wir hinterfragen das aus Transparenzgründen. Da kann schon rauskommen, dass eine Entscheidung nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen gefallen ist, dass die Politik andere Aspekte einfließen lassen wollte.

Wie viele politische Interventionen haben Sie bisher erlebt?

Keine einzige.

Warum? Weil Sie den schwarzen Gürtel in Karate besitzen?

(lacht) Weil es keinen Sinn ergeben würde. Das stelle ich am Anfang immer klar, weil man so ein Fass ohne Boden öffnen würde.

Sie intensivieren Ihre Prüftätigkeit. Werden Sie dann mehr Personal benötigen?

Mehr Kompetenzen müssen nicht zu mehr Personal führen. Genau das kritisieren wir oft bei geprüften Einrichtungen. Man muss versuchen, immer effizienter zu werden.

ZUR PERSON

Peter Pollak (54) ist Direktor des unabhängigen Stadtrechnungshofes, der die Wiener Verwaltung und Betriebe der Stadt prüft. Das Ziel: Aufdecken von Misswirtschaft, Ineffizienz und Korruption. Pollack wurde 2010 vom Wiener Gemeinderat zum Direktor des Kontrollamts gewählt, das 2013 zum Stadtrechnungshof aufgewertet wurde. Davor war der Jurist und Karatekämpfer Leiter des Wiener Verfassungsdienstes.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.05.2016)

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