Leitl an Kern: Österreich muss "aufsandeln"

INTERVIEW: WIRTSCHAFTSKAMMER-PRAeSIDENT CHRISTOPH LEITL
INTERVIEW: WIRTSCHAFTSKAMMER-PRAeSIDENT CHRISTOPH LEITLAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Der Wirtschaftskammer-Chef fordert von der neuen Regierung "eine Schubumkehr vom Abstieg zum Wieder-Aufstieg". Es sei "eine Schande", wie weit Österreich zurückgefallen sei.

Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl hat hohe Erwartungen an die neue Regierung von Christian Kern (SPÖ). "Ich erwarte eine Schubumkehr vom Abstieg zum Wieder-Aufstieg", sagte Leitl am Dienstag im Gespräch mit der APA. "Wir sind in den letzten Jahren Schritt für Schritt zurückgefallen, wir sind abgesandelt, jetzt müssen wir wieder aufsandeln", formulierte Leitl. Die Europäer seien 2015 schwächer als die USA gewachsen, und Österreich noch deutlich schwächer als die Europäer. "Eine Schande, wie weit wir zurückgefallen sind", unterstrich Leitl. Früher sei Österreich im Wachstum ganz vorne gewesen, "dort müssen wir wieder hin". Er hoffe auf eine "Rückkehr auf den Wachstumspfad" und eine "Willkommenskultur für Leistungsträger dieses Landes" - wozu er nicht nur Selbstständige sondern auch sehr viele Unselbstständige zähle.

"Steuerzahler frustriert"

Alle Steuerzahler seien durch vier Sparpakete in Folge "frustriert", eine neue Regierung müsse sie neu motivieren indem sie Konjunkturimpulse, Wachstumsimpulse und damit Beschäftigungsimpulse setze.

Dem neuen Kanzler Kern attestiert Leitl "Managementfähigkeiten - er kann Ziele setzen, für die Ziele Zustimmung erhalten, dann umsetzen und ein Controlling installieren". Der bisherige Mangel an Managementfähigkeiten sollte jetzt umgekehrt werden, hoffte Leitl. Insbesondere auch in den künftigen Infrastrukturminister Jörg Leichtfried (SPÖ) setzt der Wirtschaftskammerpräsident große Hoffnungen: Die Breitbandnetze für ganz Österreich, Verfahrensbeschleunigungen für Großprojekte und eine verstärkte Wohnbautätigkeit sollten endlich umgesetzt werden.

Im Bildungsbereich sollte der Sozialpartnerentwurf für eine Bildungsreform, der nun schon mehrere Jahre lang vorliege, endlich realisiert werden, um talent- und begabungsorientiert fördern zu können. "Einige Dinge dürften nicht so schwer sein, aber machen muss man es", konstatierte Leitl. Dann werde man auch wegkommen von "politischen Sandkastenspielen". "Es ist die Zeit der Arbeit angesagt", sagte Leitl. Alle, die Regierung, Opposition, Sozialpartner, AMS, Forschung und Wissenschaft, alle müssten zusammenwirken um am Pfad vorwärts, weg vom Abstieg zu kommen, forderte er.

Industrie: Keine Zeit zu verlieren

Auch von der Industriellenvereinigung (IV) kommt neben einer Gratulation an Kern ein Appell: Es sei keine Zeit zu verlieren, das könne sich das Land nicht leisten, mahnte IV-Präsident Georg Kapsch in einer Aussendung. Vor allem sieht er die stark steigende Arbeitslosigkeit in Folge einer stetig sinkenden Wettbewerbsfähigkeit des heimischen Wirtschaftsstandortes, Integration und Strukturveränderungen in den Bereichen Föderalismus, Bildung, Pensionen und Gesundheit als entscheidende Zukunftsfragen.

Als wichtigste Anliegen nennt Kapsch die Senkung der Arbeitslosenzahlen und die drängenden Reformbaustellen Bürokratie, Arbeitszeit, F&E-Strategie und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für den Energiesektor, Bildung, Pensionen, Gesundheit oder Steuersystem. Österreich leide an einer mittlerweile "chronischen Wachstums- und Investitionsschwäche". Als Gegenmittel sieht Kapsch die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, um das Vertrauen in den Standort und damit die Bereitschaft zu Investitionen seitens der Unternehmen wiederherzustellen. "Jemandem, der wie Christian Kern aus der Wirtschaft kommt, ist diese Tatsache zweifellos bewusst."

(APA)

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