Peru: Das Comeback des Fujimori-Clans

Will in die Fußstapfen ihres Vaters treten: Keiko Fujimori, Tochter des Autokraten Alberto Fujimori, führt in den Umfragen.
Will in die Fußstapfen ihres Vaters treten: Keiko Fujimori, Tochter des Autokraten Alberto Fujimori, führt in den Umfragen. AFP
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Keiko Fujimori, Tochter des autokratischen Staatschefs, hat gute Chancen, bei der Präsidentenwahl zu gewinnen. Kritiker befürchten eine Rückkehr der Politik der harten Hand.

Buenos Aires/Lima. Fujimori – wie ein schwarzer Schatten hängt dieser Name über Peru. Und nun, 14 Jahre nach dem Sturz des autokratischen Präsidenten Alberto Fujimori scheint es, als wolle das Andenland zurückkehren in jene dunklen Zeiten, die vor dem Aufschwung lagen. So befürchten das zumindest die Gegner von Keiko Fujimori, der 41-jährigen Tochter des 2006 inhaftierten Staatschefs, die in den Umfragen vor der Stichwahl am Sonntag vorn liegt.

Keikos Anhänger erwarten, dass die Führerin der Fuerza Popular mit harter Hand aufräumt in einem Staat, der seit Jahrzehnten Wohlstand produziert, aber fast nur für Reiche und Trickreiche. Fujimoris Gefolge stammt vor allem aus jenen armen und abgelegenen Gegenden im Norden und Osten des Landes, die lang von der Guerilla des „Leuchtenden Pfades“ heimgesucht wurden. Dass Keikos Vater Anfang der 1990er diesen Terror beenden ließ, rechnen ihm viele hoch an. Dass er für Massaker im Rahmen des Antiterrorkampfs 2007 zu 25 Jahren Haft verurteilt wurde, dass ihm Zwangssterilisierungen und andere Verbrechen an der indigenen Bevölkerung zur Last gelegt wurden, scheint diese Anhänger nicht zu stören, ebenso wenig jene sieben Jahre Gefängnis, die Fujimori 2009 aufgebrummt bekam – wegen Korruption.

Dubiose Verbindungen

Würde eine Präsidentin Fujimori ihren Vater amnestieren? Diese Frage bekam sie oft gestellt – und sie antwortet stets schwammiger als bei ihren Forderungen, Gefangene in 4000 Metern Höhe einzusperren oder die Armee gegen Drogenhändler einzusetzen. Die letzten Umfragen gaben ihr zwischen 43 und 46 Prozent, sie liegt damit fünf Punkte besser als ihr Gegenkandidat, Ex-Minister und Weltbankfunktionär Pedro Pablo Kuczynski. Dass Keiko in ihrer zweiten Stichwahl besser aufgestellt ist als bei ihrem ersten Finale vor fünf Jahren hat zwei Gründe: Erstens scheinen ihre Finanzmittel beinahe unerschöpflich, was erhebliche Fragen aufwirft in einem Land, das zu den größten Kokainproduzenten der Welt zählt. Den Ursprung dieser Gelder erforscht derzeit die US-Drogenbehörde DEA, die den Generalsekretär der Fuerza Popular verdächtigt, Kontakte zu Drogendealern zu haben. Ein Finanzier Keikos tauchte in den Panama-Papers auf, und nur knapp entkam Fujimori vor dem ersten Wahlgang der Suspendierung nach Vorwürfen des Stimmenkaufs.

Und zweitens haben die Wahlkampfstrategen diesmal offenbar beschlossen, sich ihre Stimmen überall dort zu holen, wo der Republikaner und Demokrat Kuczynski nicht hinkann, ohne seine städtischen und gebildeten Wähler zu entsetzen. Keiko versprach den Polizisten, dass sie in ihrer Freizeit wieder Wachdienste schieben dürfen, in Uniform und mit Dienstwaffen – für all jene, die das bezahlen. Diese Praxis war lang Usus, wurde dann aber gekippt, weil die Ordnungshüter genau jene bewachten, die sie eigentlich verhaften sollten. Fujimori zeigte sich mit radikalen Evangelikalen und Vertretern der Kleintransporteure, die ihr in dem Bergland lebensgefährliches Geschäft jenseits aller staatlichen Regulation aufziehen. Zum Entsetzen von Umweltschützern war sich Keiko nicht mal zu schade, in den quecksilberverseuchten Wassern des illegalen Bergbaus Stimmen zu fischen. Sie versprach, die Auswaschungen im Südosten Perus zu legalisieren, die die ehemalige Urwaldregion in ein Notstandsgebiet verwandelten.

Riesen-Demo gegen Fujimori

Vorwürfe solcher Wucht wären andernorts negativ wahlentscheidend, doch in Peru, wo der erste „Fuijimorismo“ sämtliche traditionellen Parteien pulverisiert hat, wo sich tiefe Politikverdrossenheit mit gesetzlicher Wahlpflicht vereint, perlen sie an der Kandidatin ab.

Zum Schluss der Kampagne versuchten Keikos Rivalen einen überkonfessionellen Schulterschluss, um „unser Land zu retten“, wie Veronika Mendoza in einem Social-Media-Video sagte. Die junge Linke hatte im April an der Spitze einer „breiten Front“ im ersten Wahlgang mit fast 19 Prozent den dritten Platz belegt und damit die Stichwahl knapp verpasst.

Vor ihr lag mit 21 Prozent Pedro Pablo Kuczynski (77), Ex-Premier- und Wirtschaftsminister. Obwohl dem Liberalen (Sohn eines Berliner Tropenmediziners und Cousin des Schweizer Filmregisseurs Jean Luc Godard) rauer Umgangston abhold ist, versuchte er im letzten TV-Duell, aus allen Kanonen zu feuern. Skandal um Skandal der Fujimori-Zeit listete der Kandidat der Wirtschaft, der Städter, des Mittelstandes und des Südens auf, um in dem Appell zu gipfeln: „Die Freiheit ist in Gefahr, jetzt oder nie müssen wir der Diktatur den Weg versperren!“

Dienstagabend formierte sich in Lima ein riesiger Demonstrationszug. Das Motto von Hunderttausenden: „Keiko, das geht nicht!“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2016)

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