Pistorius-Prozess endet emotional

Oscar Pistorius reacts during third day of resentencing hearing for 2013 murder of girlfriend Reeva Steenkamp, at Pretoria High Court
Oscar Pistorius reacts during third day of resentencing hearing for 2013 murder of girlfriend Reeva Steenkamp, at Pretoria High Court(c) REUTERS (SIPHIWE SIBEKO)
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Am 6. Juli entscheiden die Richter über das Strafmaß für den Ex-Sprintstar.

Pretoria. Ein letztes Mal sollte Oscar Pistorius zeigen, wie hilflos und verletzlich er ist. Sein Verteidiger forderte den früheren südafrikanischen Sportstar auf, die Prothesen abzunehmen. Auf seinen Beinstümpfen lief der 29-Jährige daraufhin unsicher und weinend durch den Gerichtssaal. Diese Demonstration sollte das Gericht in Pretoria dem Beschuldigten gegenüber offensichtlich mild stimmen.

Pistorius, dessen Unterschenkel im Babyalter amputiert wurden, erschoss 2013 seine damalige Freundin, das Model Reeva Steenkamp, im gemeinsamen Haus durch eine Toilettentür. Er behauptete, dahinter einen Einbrecher befürchtet zu haben. Ein Gericht verurteilte ihn 2014 zu fünf Jahren Haft wegen fahrlässiger Tötung; in zweiter Instanz erreichte die Staatsanwaltschaft ein Urteil wegen Totschlags. Nun muss erneut über das Strafmaß entschieden werden, bis 6. Juli wollen die Richter darüber befinden. Pistorius drohen mindestens 15 Jahre Haft.

Die Verteidigung bemühte sich, Pistorius als inzwischen gebrochenen Mann zu porträtieren, der aus reiner Angst handelte. Mit Verweis auf eine von einem Gutachter bescheinigte Depression hatte sich der Beschuldigte in diesem letzten Verfahren selbst nicht mehr geäußert – was ihn jedoch nicht davon abhielt, ein TV-Interview zu geben, das nächste Woche ausgestrahlt werden soll.

Die Familie von Steenkamp glaubt dagegen, dass Pistorius vorsätzlich handelte. Eine Cousine des Opfers, Kim Martin, sagte am Mittwoch als letzte Zeugin vor Gericht, sie glaube, dass Pistorius gelogen habe. „Alles, was wir wollten, ist die Wahrheit. Aber wir haben sie nicht bekommen.“ Am Dienstag brach der Vater des Opfers vor Gericht in Tränen aus. Er habe sich selbst Diabetesnadeln in Arme und Bauch gestochen, um den gleichen Schmerz wie seine Tochter zu fühlen, sagte er. „Oscar muss für das, was er getan hat, bezahlen.“ (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.06.2016)

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