Oscar Pistorius ist "des Mordes schuldig"

Oscar Pistorius
Oscar PistoriusAPA/AFP/POOL/SIPHIWE SIBEKO
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Der Ex-Sprinter wurde wegen Mordes an seiner Freundin verurteilt, ihm drohen mindestens 15 Jahre Haft. Damit wurde das vorherige Urteil, fünf Jahre Haft wegen fahrlässiger Tötung, aufgehoben.

Ein Berufungsgericht in Bloemfontein hat den südafrikanischen Sprintstars Oscar Pistorius am Donnerstag wegen Mordes an seiner Freundin Reeva Steenkamp verurteilt. Das neue Strafmaß muss noch festgelegt werden. Die Vorinstanz hatte den 29-Jährigen lediglich wegen fahrlässiger Tötung verurteilt und eine Haftstrafe von fünf Jahren verhängt.

Das Berufungsgericht stellte nun aber fest, dass Pistorius mit "Absicht" gehandelt habe, als er im Februar 2013 durch die geschlossene Toilettentür seines Hauses schoss. Die Vorinstanz muss das neue Strafmaß festlegen. Der frühere Paralympics-Star muss mit mindestens 15 Jahren Haft rechnen.

Der Angeklagte sei "des Mordes schuldig", da er mit "krimineller Absicht" geschossen habe, begründete Richter Eric Leach das Urteil. Dessen Verkündung wurde von mehreren südafrikanischen Fernsehsendern live übertragen.

Der unterschenkelamputierte Sportler hatte Steenkamp im Februar 2013 durch die geschlossene Toilettentür seines Hauses in Pretoria erschossen. Er beteuerte stets, Steenkamp für einen Einbrecher gehalten und sie in Panik erschossen zu haben. Der Vorinstanz bescheinigte das Berufungsgericht nun einen "grundlegenden Irrtum" bei der Rechtsauslegung.

Fahrlässigkeit komme nicht in Betracht

Die fünf Berufungsrichter urteilten, dass Fahrlässigkeit nicht in Betracht kommen könne: Denn der Angeklagte habe vier großkalibrige Kugeln durch die Toilettentür geschossen und somit das Risiko erkennen müssen, dass er jemanden dahinter töte, ungeachtet der Identität seines Opfers.

"Ich habe keinen Zweifel (...), dass der Angeklagte, als er die tödlichen Schüsse abgab, notwendigerweise vorhersehen musste und vorhergesehen hat, dass die Person hinter der Tür, wer auch immer sie war, zu sterben drohte", führte Leach aus. "Die Identität des Opfers ist nicht ausschlaggebend für die Beurteilung der Schuld." Auch ein Bombenattentäter sei ohne Zweifel des Mordes schuldig, auch wenn er seine Opfer nicht kenne.

Darüber hinaus verwiesen die Richter in ihrem Urteil darauf, das Pistorius keinen Sicht- oder Sprechkontakt mit dem angeblich im Badezimmer vermuteten Einbrecher hatte, sondern nur ein Geräusch gehört habe. Daher habe der Angeklagte "absolut nicht gewusst, ob diese Person eine Bedrohung war", sagte Leach. Unter diesen Umständen sei es "unbegreiflich, dass ein vernünftiger Mensch annehmen konnte, dass er im Recht war, mit einer großkalibrigen Waffe zu schießen".

Damit schloss sich das Berufungsgericht im Kern der Argumentation von Staatsanwalt Gerrie Nel an, wonach Pistorius den Menschen hinter der Tür töten wollte. Pistorius nahm an der Urteilsverkündung des Berufungsgerichts nicht teil, was dem üblichen Procedere in Südafrika entspricht. Er war im Oktober wegen guter Führung in den Hausarrest entlassen worden. Mitte November trat er einen Sozialdienst an, den er im Zusammenhang mit dem Hausarrest ableisten muss.

Strafmaß erst im nächsten Jahr verkündet

Pistorius bleibt vorerst unter Hausarrest, bis ein neues Strafmaß verkündet wird - voraussichtlich Anfang nächsten Jahres. Ein von der Nachrichtenagentur AFP befragter Strafverteidiger in Kapstadt, William Booth, rechnete unter Abzug der bereits abgesessenen Strafe mit "neun, vielleicht zehn Jahren Gefängnis".

Steenkamps Vater Barry begrüßte das Berufungsurteil. "Ich bin mit allem zufrieden", sagte er dem Fernsehsender ANN7. Die Mutter June Steenkamp nahm das Urteil im Gericht ohne äußere Regung auf. Ein Sprecher der Pistorius-Familie sagte, die Verteidigung werde weitere Schritte prüfen. Pistorius könnte eine eigene Berufung vor dem Verfassungsgericht anstreben.

(APA/AFP)

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