Frankreich steht im EM-Finale

Antoine Griezmann feiert das 0:1 gegen Deutschland
Antoine Griezmann feiert das 0:1 gegen DeutschlandAPA/AFP (PATRIK STOLLARZ)
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Gastgeber Frankreich besiegte Weltmeister Deutschland mit 2:0. Mann des Abends war Antoine Griezmann, der beide Treffer erzielte.

Das zweite Halbfinale dieser EM war von vielen Beobachtern als das vorweggenommene Finale ausgerufen worden. Frankreich, der Gastgeber, träumt weiter vom großen Coup in der Heimat und dem ersten Triumph bei einer Endrunde seit 16 Jahren. Deutschland, der Weltmeister, hatte nach dem Höhenflug bei der WM 2014 das Titel-Double angepeilt, sollte es aber verfehlen.
Ein Duell zwischen diesen beiden Nationen birgt stets Brisanz, die Vergangenheit hatte Frankreich zur Vorsicht gemahnt. Seit 1958 waren „Les Bleus“ gegen Deutschland bei einer EM oder WM in K.o.–Spielen sieglos geblieben, die Bezeichnung Angstgegner also absolut zutreffend. Ebenfalls alarmierend: Seit 1966 hatte sich das DFB-Team in neun Endrunden-Vergleichen mit dem jeweiligen Gastgeber stets durchgesetzt.

Deutschland gegen Frankreich, das war Donnerstagabend im Stade Velodrome zu Marseille auch das Kräftemessen der besten Defensive (Deutschland, ein Gegentor) und der besten Offensive (Frankreich, elf Tore). Während die Grand Nation nach dem Viertelfinale gegen Island keine Umstellungen vornehmen musste, war Jogi Löw auf der Gegenseite zu Adaptierungen gezwungen. Hummels war gesperrt, Khedira und Gomez verletzt – es rückten Höwedes und Can in die Mannschaft, auch Schweinsteiger und Draxler fanden sich in der Startelf wieder.

Die Franzosen begannen dieses Spiel so, als müssten sie es schon in den Anfangsminuten entscheiden. Die Equipe von Didier Deschamps stand hoch, stürmte wie wild los. Der Weltmeister schien durchaus beeindruckt, lief zunächst Ball und Gegner hilflos hinterher. Neuer im Tor der Deutschen hatte aber ohnehin keinen ruhigen Abend erwartet: Er wurde erstmals in der siebenten Minute von Griezmann geprüft, nachdem der 25-Jährige drei Gegenspieler überlaufen hatte.

Ein Pfiff, Elfmeter, Tor

Nach zehn gespielten Minuten fand Deutschland Ruhe und Rhythmus. Eine erste Offensivaktion schloss Müller ab (13.), kurz darauf musste sich Torhüter Lloris bei einem Schuss von Can gehörig strecken (14.). Angeführt von Schweinsteiger hatten die Deutschen nun ein spielerisches Übergewicht und kontrollierten das Geschehen. Nachdem Frankreichs Anfangsoffensive ohne Zählbares verstrich, zogen sich die Blauen zurück und überließen Deutschland das Kommando. Die hochgelobte Angriffsreihe der Franzosen blieb vieles schuldig, einzig Griezmann sorgte ansatzweise für Gefahr.

Alles deutete auf ein 0:0 zur Halbzeit hin, als ein Pfiff des italienischen Schiedsrichters Rizzoli für fassungslose Gesichter beim Weltmeister sorgte. Schweinsteiger hatte nach einem Eckball im Strafraum ein Handspiel begangen, den fälligen Elfmeter verwandelte Griezmann in der Nachspielzeit sicher. Für Deutschland war es erst das zweite Gegentor, auch gegen Italien war Neuer aus elf Metern bezwungen worden.

Der Schock bei Löws Spielern saß tief. Es wurde nach Ideen und Lösungen gesucht, doch sie wurden nicht gefunden. Auch nicht vom eingewechselten Götze, der vor zwei Jahren noch das WM-Finale gegen Argentinien entschieden hatte. Einzig Kimmich (Lattenschuss/74. und Lloris-Parade/92.) kam einem Torerfolg nah. Stattdessen versetzte Griezmann Frankreich endgültig in Ekstase, er besorgte in der 72. Minute per Nachschuss die Vorentscheidung. Am Sonntag (21 Uhr) kann Frankreich gegen Portugal all seine Träume wahr werden lassen.

("Die Presse", Printausgabe 8.7.2016)

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