"Im Einsatz hat man keine Angst, das kommt vielleicht danach"

SCHWERPUNKTKONTROLLEN ZUR BEKAeMPFUNG DER DROGENKRIMINALITAeT
SCHWERPUNKTKONTROLLEN ZUR BEKAeMPFUNG DER DROGENKRIMINALITAeTAPA/HANS KLAUS TECHT
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Raufereien, gezückte Messer, unvorhersehbare Einsätze: Wie Beamte der Bereitschaftseinheit mit der Gefahr umgehen.

Jan B. und Patrick K. sind zwei Beamte jener Einheit, die in Wien wohl am meisten einstecken muss. Beide – sie sind Mitte 20 und seit sechs bzw. fünf Jahren bei der Polizei – sind Teil der Bereitschaftseinheit, die unter anderem für Sonder- und Schwerpunktaktionen zuständig ist, also bei Demos, an Orten wie dem Praterstern oder Gürtel oder bei Anlässen wie dem Donauinselfest zum Einsatz kommt.

„Attackiert werden wir öfter“, sagt Jan B., und erzählt von einem Mal, von Faustschlägen, die er 2015 bei einem Tumult unter Flüchtlingen an der Grenze abbekam. Darauf war er 13 Tage in Krankenstand. Oder, kürzlich am Donauinselfest, als Jugendliche, wiewohl zahlenmäßig unterlegen, die Beamten unvermittelt attackierten. Verletzt wurde er nicht, aber einer der Angreifer schlug einem Kollegen, als der schon am Boden lag, in den Nacken. Das kann gefährlich werden.


Im Einsatz schützt Adrenalin. Patrick K.s letzter Einsatz, der schnell hätte schiefgehen können, war erst am Vortag: Notruf aus einem Haus, es ging um Körperverletzung, plötzlich stand ein Mann mit Messer im Stiegenhaus. Auch am Lerchenfelder Gürtel zückte vor Kurzem ein Mann bei einer Personenkontrolle unvermittelt ein Messer, ließ es erst fallen, als er die Waffe zog. „Wenn eine Waffe im Spiel ist, ist das immer gefährlich“, sagt K. Angst habe man im Einsatz aber nicht: „Das kommt vielleicht später, wenn man mit Kollegen zusammensitzt, das bespricht und sagt: ,Puh, das hätte schiefgehen können.‘ Im Einsatz handelt man einfach“, da stünde man auch unter Adrenalin.


„Die Familie ist natürlich nervös.“
Wie gehen Angehörige damit um, dass der Sohn oder Partner regelmäßig in Raufereien gerät, man nie weiß, was hinter einer Tür, zu der er gerufen wird, wartet? Einfach, sagen beide, sei es weder für Familien noch für Partner, aber sie stünden hinter dem Beruf und seien stolz. Am meisten leiden offenbar die Mütter. B.s Mutter riet ihm erst zu einem anderen Beruf.

K.s Mutter „macht sich viele Gedanken und ruft oft an. Ab und zu, wenn ein Polizist verletzt wird, gibt es auch Tränen. Die Familie ist natürlich nervös. Es kann immer etwas sein, aber sie verbinden auch Angriffe auf die Polizei in den USA oder in Frankreich mit meinem Beruf. Da ist die Lage in Österreich schon sehr viel sicherer.“ Auch wenn der Beruf schwieriger werde, beide sprechen von steigender Aggressivität, einer sinkenden Hemmschwelle und davon, stets selbst mit einem Fuß vor dem Richter zu stehen. Beim Zwischenfall auf der Donauinsel etwa – mit amtsbekannten und bereits verurteilten Bandenmitgliedern – kam am nächsten Tag eine Anzeige gegen B. „Es gibt ständig Ermittlungen, auch wenn in meinem Fall nie etwas dabei herausgekommen ist. Mit dieser Täter-Opfer-Umkehr umzugehen ist schwierig“, sagt er. „Aber natürlich gibt es schwarze Schafe, und diese müssen herausgefischt werden.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2016)

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