Haarige Affäre im Élysée: Ein Coiffeur für Hollande ist so viel wert wie ein Minister

French President Francois Hollande waits for guests outside the Elysee Palace in Paris
French President Francois Hollande waits for guests outside the Elysee Palace in Paris(c) REUTERS (BENOIT TESSIER)
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Der französische Präsident hält sich auf Staatskosten einen Friseur – um fast 10.000 Euro pro Monat.

Meist schauen die Bürger ihren Politikern in die Augen, um zu erahnen, ob sie lügen. Die Franzosen aber starren seit gestern auf das Kopfhaar ihres Präsidenten – und fragen sich fassungslos: Darf die fachmännische Pflege dieses vorn schon recht kahlen, hinten anspruchslos glatt bewachsenen Staatsoberhauptes den Steuerzahler fast 10.000 Euro pro Monat kosten?

Der Arbeitsvertrag, den die Wochenzeitung „Le Canard Enchaîné“ als Faksimile veröffentlicht hat, lässt keine Zweifel offen: Seit dem Amtsantritt von François Hollande im Jahr 2012 ist Olivier B. mit nichts anderem beschäftigt, als sich um dessen tadellose Coiffure zu kümmern. Dafür erhält er 9895 Euro brutto, zuzüglich „allfälliger Aufwandsentschädigungen“ und „Vorteilen für die Familie“. Die Bezüge sind nur um knapp 50 Euro niedriger als die eines Ministers. Fünf Jahre dauert die Herrschaft im Élysée, das macht dann in Summe stolze 593.700 Euro. Über eine Anwältin rechtfertigt der Haarkünstler sein üppiges Gehalt: Einen gut gehenden Salon im siebenten Arrondissement von Paris habe er „verscherbeln“ müssen (nachdem ein Berater Hollandes, der bei ihm Kunde war, ihn diesem empfohlen hatte). Tag und Nacht müsse er zur Verfügung stehen, niemals habe er sich durch eine Aushilfe vertreten lassen. Keine freien Wochenenden, kaum Urlaub. Darunter habe sein Privatleben ganz schön gelitten: „Er hat die Geburt seiner Kinder versäumt, ihre gebrochenen Arme, ihre Operationen.“ Die Taschentücher dürfen gezückt werden.

Auch im Élysée betont man das harte Los des fleißigen Figaro: Er beginne seinen Arbeitstag sehr früh, mit der präsidialen Morgentoilette. Damit geht es erst richtig los: Mehrmals täglich muss er seinem Herrn die Haare kämmen, vor jedem öffentlichen Auftritt. Auch bei offiziellen Reisen, die länger als einen Tag dauern, darf er nicht fehlen. Am meisten rätselt Frankreich aber nicht übers Gehalt, sondern über eine andere Klausel im Arbeitsvertrag: Der Beauftragte muss „absolutes Stillschweigen über seine Arbeiten“ wahren. Um welche dunklen Geheimnisse geht es da? Lässt sich Hollande das Kopfhaar färben, wäre es sonst schon längst schlohweiß? Oder hat er gar Implantate, wie Berlusconi?

Der großteils glücklose Präsident müsste sich jedenfalls nach dieser Enthüllung die sorgsam soignierten Haare raufen. Denn zumindest einen sympathischen Wesenszug hatten ihm die Franzosen bisher immer abgenommen: dass er bescheiden und bodenständig geblieben sei. Um die Bürger davon zu überzeugen, verzichtete er auf 30 Prozent seines Gehalts, fuhr mit dem Zug nach Brüssel und verließ jeden Abend zum Übernachten seinen goldenen Käfig. Sein Chauffeur blieb sogar mit der Limousine bei Rot stehen – wozu der republikanische Königsersatz in Frankreich durchaus nicht verpflichtet ist. Und jetzt: Alles umsonst, weil alles über einen vergoldeten Kamm geschoren wird!

Wenn ein Sozialist es mit dem imperialen Gehabe übertreibt, verstehen die Franzosen keinen Spaß. Das bekam schon Aquilino Morelle zu spüren. Offiziell stolperte der Hollande-Berater über einen Interessenkonflikt. Was aber das Publikum viel mehr erboste: Er holte sich Schuhputzer in den Palast, um sich seine Luxusschuhe polieren zu lassen. Freilich aus eigener Tasche, also im Grunde harmlos. Wobei Hollande es umgekehrt sehen dürfte: „Das ist nicht schlimm, es zahlt ja der Staat“, ist einer seiner legendären Sager. Seine Wiederwahl kann er jetzt wohl endgültig vergessen. Aber er darf sich später einreden, er hätte sie nur um ein Haar verfehlt.

E-Mails an:karl.gaulhofer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2016)

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