Der Wirtschaftsminister fordert Hollande immer offener heraus. Fliegt er bald aus der Regierung?
Paris. Obwohl der französische Wirtschaftsminister, Emmanuel Macron, nicht klar sagt, ob er im Frühling 2017 bei den Präsidentschaftswahlen antreten will, tritt er schon wie ein Kandidat auf. Die von ihm im April gegründete Bewegung „En marche!“ hat angeblich bereits 50.000 eingeschriebene Mitglieder. Diese Sympathisanten hat Macron jetzt in Marschordnung gebracht. Das war der Zweck einer Veranstaltung am Dienstagabend mit rund 3000 Zuhörern in der „Mutualité“, der traditionsreichen Hochburg der Pariser Linken. Zu seiner Bewegung und zu seiner politischen Marschrichtung sagt Macron aber gern, sie sei weder links noch rechts, sondern fortschrittlich. Er verschmäht aber auch das Etikett „liberal“ nicht, das in Frankreich meistens noch als Schimpfwort dient.
Allein das schon genügte einer Handvoll Gegnern der Arbeitsmarktreform, um vor der „Mutualité“ im Quartier Latin zu demonstrieren. „Bourgeois!“ und „Alle hassen die Bankiers!“, riefen sie.
Im Saal ist es dagegen eine ausgemachte Sache, dass der Exbanker Macron Frankreichs nächster Präsident werden soll. Während seines langen Monologs sind im Beifall auch Rufe „Macron, Président!“ zu hören. Der ehrgeizige 38-jährige Minister hat einen neuen Stil im Auftreten gewählt. Er erinnert ein wenig an Steve Jobs, der sein neuestes Apple-Produkt verkauft, wenn er ohne Notizen wie im direkten Gespräch spricht.
Populär und anti-elitär
Inhaltlich grenzt sich Macron gern ein wenig wie ein Populist von der Elite ab, obschon er selbst dazugehört. Das ärgert seinen Rivalen, Premier Manuel Valls, der laut Umfragen bei 26Prozent liegt. Präsident Hollande (14%), der seine Kandidatur noch nicht bekannt gegeben hat, möchte auf Wunsch von Valls den undisziplinierten Minister (36%) aus dem Kabinett werfen, doch damit verlöre er sein populärstes Regierungsmitglied. Und Macron hätte freie Bahn für seinen Sololauf.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2016)