Ermittler suchen Hintermänner des Würzburg-Attentäters

Polizisten durchforsten das Gebiet nach der Attacke auf den Regionalzug.
Polizisten durchforsten das Gebiet nach der Attacke auf den Regionalzug.APA/dpa/Karl-Josef Hildenbrand
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Laut deutscher Bundesanwaltschaft besteht der Verdacht, dass der 17-Jährige die Tat als Mitglied des IS beging. Berlin warnt gleichzeitig davor, Flüchtlinge unter Generalverdacht zu stellen.

Nach dem Axt-Angriff eines 17-jährigen Flüchtlings in einem Regionalzug bei Würzburg hat die deutsche Bundesanwaltschaft die Ermittlungen übernommen. Es bestehe der Verdacht, "dass der Attentäter die Tat als Mitglied des sogenannten Islamischen Staats zielgerichtet begangen hat", teilte die Behörde am Mittwoch in Karlsruhe mit.

Der Schritt wird damit begründet, dass sich die Terrororganisation inzwischen zu der Tat bekannt habe. Außerdem habe das IS-Sprachrohr Amaq ein Video des Attentäters veröffentlicht.

"Vor diesem Hintergrund ist zu klären, ob weitere bislang unbekannte Tatbeteiligte oder Hintermänner in die Tat eingebunden waren", heißt es weiter. Die Bundesanwaltschaft ermittle daher wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung und versuchten Mordes "gegen nicht namentlich bekannte Beschuldigte". Zu weiteren Einzelheiten könnten aufgrund der laufenden Ermittlungen keine Auskünfte erteilt werden. Das bayrische Landeskriminalamt setze seine Ermittlungen fort.

"Zwischen Amoklauf und Terror"

Der Attentäter hat nach bisherigen Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden keinen konkreten Auftrag vom "Islamischen Staat" (IS) erhalten. Es handle sich um einen Einzeltäter, der sich durch die Propaganda des IS "angestachelt" gefühlt habe, sagte der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere. Der Fall liege vielleicht "im Grenzgebiet zwischen Amoklauf und Terror". Der Minister sprach sich für mehr Videoüberwachung, mehr Polizei, und besserehttp://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/5054113/Nach-Nizza-und-Wurzburg_Europol-warnt-vor-weiteren-Anschlaegen?direct=5053971&_vl_backlink=/home/panorama/welt/5053971/index.do&selChannel=&from=articlemoren Schutz der Polizeibeamten aus.

Der Täter hatte am Montagabend in einem Regionalzug bei Würzburg vier Mitglieder einer Familie aus Hongkong verletzt. Auch eine Fußgängerin, die der Jugendliche auf seiner Flucht angriff, erlitt schwere Verletzungen. Kurze Zeit später wurde der junge Mann von Polizisten erschossen. Zwei seiner Opfer waren am Mittwoch weiterhin in Lebensgefahr.

Anschlagsgefahr unabhängig von Flüchtlingskrise hoch

Die deutsche Regierung warnt nun davor, nach dem Zugattentat Flüchtlinge unter einen Generalverdacht zu stellen. "Die grausame Tat eines Einzelnen kann nicht eine Gruppe von vielen Tausend diskreditieren", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Bei den Anschlägen in jüngster Zeit wie etwa in Paris, Brüssel und Nizza seien die Täter in den meisten Fälle keine Flüchtlinge gewesen, sondern zum Teil in Europa geboren oder lebten schon sehr lange Zeit dort.

Nach Angaben der Behörden kam der Täter, der bisher für einen Afghanen gehalten wurde, im Juni 2015 als Flüchtling nach Deutschland. Bis vor zwei Wochen lebte er in einer Unterkunft für Minderjährige in Ochsenfurt und war dann einer Pflegefamilie im Landkreis Würzburg zugewiesen worden.

De Maiziere sagte, die Anschlagsgefahr sei unabhängig von den Flüchtlingen hoch. Allerdings könne man auch nicht sagen, dass es keinen Zusammenhang zwischen Flüchtlingen und Terrorismus gebe. Hinweise zu angeblichen Kontakten von Migranten zu Terrororganisationen hätten sich in den allermeisten Fällen als falsch herausgestellt. Am Mittwoch warnte Europol bereits vor weiteren Attentaten von Einzeltätern in Europa.

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(APA/dpa)

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