Wenn Touristen per Twitter gewarnt werden

People holding mobile phones
People holding mobile phones(c) REUTERS (© Kacper Pempel / Reuters)
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In Krisensituationen werden auch für staatliche Stellen soziale Medien immer wichtiger. Das Außenministerium unterscheidet Sicherheitsrisken nach sechs Stufen – die Reisewarnung ist die höchste.

Wien. Terror in Nizza, Putschversuch in der Türkei, Amoklauf in München: Wenn Menschenleben in Gefahr sind, ist eine schnelle Reaktion von staatlichen Vertretungsbehörden unerlässlich. Eine immer größere Rolle bei der Informationsverbreitung spielen soziale Medien. Auch das Wiener Außenministerium nutzt diesen Kanal, um für Touristen und Auslandsösterreicher Hinweise zur aktuellen Lage und Kontaktnummern österreichischer Vertretungen vor Ort zu verbreiten.

„In Krisensituationen kann man damit Menschen schnell und direkt erreichen“, sagt Außenministeriumssprecher Peter Guschelbauer zur „Presse“. Vor allem Twitter habe sich hier bewährt. Der Kurznachrichtendienst wird unter anderem von vielen Journalisten genutzt, die Nachrichten umgehend an ihre Follower weiterleiten.

Eine andere Möglichkeit, um im Krisenfall mit österreichischen Stellen in Kontakt zu treten, ist die Reiseregistrierung. Für den Zeitraum des Auslandsaufenthalts kann man sich auf der Homepage des Ministeriums registrieren – und wird im Ernstfall per SMS über aktuelle Entwicklungen informiert.

Reiseinformationen und Sicherheitshinweise werden in Wien von rund einem Dutzend Mitarbeiter der Bürgerservice-Abteilung des Außenministeriums in Zusammenarbeit mit Botschaften und Generalkonsulaten weltweit angelegt. Guschel spricht von einer „ständigen Beobachtung und Analyse“.

Partielle Reisewarnung für die Türkei

Das Außenministerium verwendet ein sechsstufiges System an Warnhinweisen. Die gute Nachricht: Reisewarnungen der höchsten Stufe 6 werden selten ausgesprochen. Sie gelten für Länder, die sowieso nicht auf dem Reiseplan von Touristen stehen: etwa für Syrien, Afghanistan, Somalia, den Jemen und den Irak. Von Fahrten in diese Länder mit hohem Sicherheitsrisiko aufgrund von Krieg oder Bürgerkrieg wird abgeraten.

Von den partiellen Reisewarnungen (Stufe 5), die sich auf bestimmte Regionen in einem Land beziehen, sind schon mehr Staaten betroffen, darunter die Ukraine. Vor Reisen auf die Krim, wo es seit der Annexion durch Russland keine diplomatischen Vertretungen von EU-Staaten gibt, und in die östlichen Gebiete Luhansk und Donezk wird gewarnt. Für die Türkei gilt aufgrund des Kriegs in den Nachbarländern Syrien und Irak ebenfalls eine partielle Reisewarnung, ein hohes Sicherheitsrisiko (Stufe 3) besteht demnach im Südosten des Landes und ein erhöhtes (Stufe 2) in Istanbul seit der Mehrung terroristischer Anschläge, die sich auch gezielt gegen Touristen richteten.

Ein erhöhtes Sicherheitsrisiko (Stufe 2) gilt derzeit auch für mehrere europäische Länder: etwa für die beiden verfeindeten Nachbarn Armenien und Aserbaidschan, und neuerdings auch für Belgien und Frankreich (für letztere ebenfalls im Zusammenhang mit den Terroranschlägen).

Für Deutschland ist nach wie vor die Stufe 1 gültig – „eine normale Sicherheitssituation, vergleichbar mit Österreich“, wie Außenamtssprecher Peter Guschelbauer sagt, auch nach den jüngsten Ereignissen. Die Reisehinweise sollten eine möglichst vollständige Einschätzung für österreichische Reisende geben, seien aber keine exakte Wissenschaft. „Grundsätzlich gilt: Absolute Sicherheit gibt es nirgendwo.“ (som)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2016)

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