Thailand: Eine Wahl für die Generäle

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Mit einem Verfassungsreferendum will die Junta ihre Macht zementieren.

Wien/Bangkok. „Ich wusste gar nicht, dass ein Referendum geplant ist. Das hat mir erst vor wenigen Tagen meine Schwester erzählt. Keine Ahnung, worum es dabei geht. Es interessiert mich auch nicht wirklich, es redet ohnehin niemand drüber.“ Die 35-jährige Ging aus Bangkok, die einem US-Reporter diese Worte sagte, bat ihn später, ihren richtigen Namen nicht zu publizieren. Denn für diese Ausssage drohen der Frau zehn Jahre Haft.

Am Sonntag stimmen die Thailänder über eine neue, vom regierenden Militär entworfene, Verfassung ab. Die Generäle sehen dies als Schritt in Richtung „freier Wahlen“ Ende 2017. Doch Kampagnen sind verboten – „aus Sicherheitsgründen“, wie die Junta betont: „Wer gegen die Verfassung ist, hat kein Recht, das zu äußern“, drohte Regierungschef Prayut Chan-o-cha. „Wer meine Befehle missachtet, geht für zehn Jahre ins Gefängnis.“

So gelten nicht nur Kundgebungen oder Debatten der Pro-Demokratie-Aktivisten als Vergehen, sondern jedes Wort, das auch nur ansatzweise als Kritik am Entwurf interpretiert werden könnte: Unlängst wurden zwei Achtjährige in Gewahrsam genommen, weil sie in einem Park Wählerlisten runtergerissen hatten: Sie fanden sie schön, das Papier war nämlich rosa.

Gespaltene Gesellschaft

Mit der neuen Verfassung will das Militär seine Macht sichern. Denn de facto gibt der Entwurf Staatsstreichen eine rechtliche Legitimation. Geplant ist eine nicht vom Volk gewählte „Nationalversammlung“ aus Militärs und Junta-Anhängern, die eine Regierung jederzeit absetzen kann. Zudem sollen Generäle eigenhändig den Senat bestimmen, um Gesetze zu blockieren und den Regierungschef mitzubestimmen.

Die Armee hatte sich nach internen Unruhen im Jahr 2014 an die Macht geputscht. Damals hatten Gegner der demokratisch gewählten Regierungschefin, Yingluck Shinawatra, im ganzen Land Straßenblockaden errichtet, weil sie ihren Rücktritt wegen angeblicher Korruption forderten. Demonstrationen und Gegendemonstrationen hatten Thailand monatelang gelähmt. Das Polit-Chaos legte eine tiefe Spaltung der Gesellschaft offen: In erbitterter Feindschaft standen einander Vertreter der aufstrebenden, aber ärmeren Landbevölkerung und der reicheren, städtischen Elite gegenüber. Die Landbevölkerung unterstützt mehrheitlich den Thaksin-Clan, die urbane Mittelschicht das Militär – beide kämpften um die alleinige politische und wirtschaftliche Kontrolle.

Die Armee, die seit 1932 19 Mal putschte, brachte nun mit harter Hand Kritiker zum Schweigen: Allein seit Mai wurden Dutzende Aktivisten und Regimekritiker festgenommen. Unterschwellig bestanden die Spannungen weiter: Ausbrechen könnte der Konflikt erneut durch den Tod des schwerkranken, 88-jährigen Königs Bhumibol, der in Thailand als Integrationsfigur gilt und Unterstützung in allen Lagern hat. Sein Nachfolger, der impulsive Kronprinz Maha Vajiralongkorn (64), ist weitaus weniger beliebt, vor allem auf dem Land. Beobachtern zufolge baut das Militär jetzt schon möglichen Rebellionen vor.

Auf das Votum am Sonntag blicken die Generäle jedenfalls gelassen, obwohl der Ausgang nicht eindeutig ist: Prayut will auf jeden Fall im Amt bleiben – auch wenn der Entwurf abgelehnt werden sollte. Dann werde eben noch später ein Parlament gewählt, sagte er knapp.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.08.2016)

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