Beschlagnahmtes Interview: Berlin stellt sich hinter Sender

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GERMANY-TURKEY-MILITARY-COUP-POLITICS-DEMO(c) APA/AFP/dpa/HENNING KAISER (HENNING KAISER)
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Nach Konfiszierung eines Interviews der ''Deutschen Welle" mit dem türkischen Sportminister, schaltete sich der deutsche Botschafter ein.

Im Streit um die Beschlagnahmung eines Interviews mit dem türkischen Sportminister hat sich die deutsche Regierung hinter die Deutsche Welle (DW) gestellt. Sie unterstütze die Forderung des staatlichen Auslandssenders, die Aufnahmen wieder herauszugeben. "Die Pressefreiheit ist für uns ein hohes, nicht zu verhandelndes Gut", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch.

Dies gelte nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland, betonte er. Wegen der Beschlagnahmung des Interviews wurde der deutsche Botschafter Martin Erdmann am Mittwoch auch bei der türkischen Regierung vorstellig. Nach Angaben des Auswärtigen Amts führte er dazu ein "konstruktives" Telefonat mit dem Büroleiter des Sportministers Akis Cagatay Kilic. Konkrete Ergebnisse wurden zunächst nicht bekannt.

Kritische Fragen zu Frauenrechten

Der Minister hatte dem DW-Moderator Michel Friedman am Montagabend ein Interview gegeben. Kritische Fragen zur Situation von Frauen und Verhütung haben aus Sicht des Moderators schließlich zur Beschlagnahmung des Interviews geführt.

Kameramann musste Chip aushändigen

Es sei um verschiedene Themen gegangen. "Wir landeten dann auch bei - ein Stichwort, das ihm überhaupt nicht gepasst hat - bei den Rechten der Frauen". Nachdem das Fernsehteam das Gebäude bereits verlassen habe, seien Vertreter des Ministeriums gefolgt. Nach einer kurzen Diskussion über den Inhalt des Interviews sei der Kameramann auf Türkisch aufgefordert worden, die Chipkarte aus der Kamera herauszunehmen. Der Ministeriumsvertreter sei mit dem Chip dann wieder im Gebäude verschwunden. "Wir haben kein Material mehr", sagte Friedman am Mittwoch im Deutschlandradio.

Kilic: "Berichte entsprechen nicht der Wahrheit"

Der türkische Minister für Jugend und Sport bestritt die Beschlagnahme des Interviews für das DW-Format "Conflict Zone". Solche Berichte entsprächen nicht der Wahrheit, teilte der Kilic am Dienstagabend via Twitter mit. Man habe lediglich gefordert, das Interview nicht auszustrahlen. Die Deutsche Welle müsse diesem Wunsch nach Autorisierung nachkommen.

Ein Sprecher der Deutschen Welle bezeichnete die Behauptung daraufhin als "schlichtweg abenteuerlich". "Wenn das Videomaterial nicht unrechtmäßig konfisziert worden wäre, hätte die DW das Material noch und könnte die Sendung wie geplant ausstrahlen."

(APA/dpa)

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