Eine Granate verfehlte beim Übungsschießen des Bundesheeres das Ziel um drei Kilometer – und ein Haus um nur wenige Meter.
Das Waldviertel gilt ja eher als ein idyllisches, jedenfalls weitgehend ruhiges Eck Österreichs. Kaum Industrie, wenig Verkehr, irgendwie scheint die Zeit auf eine fast sympathische Art stehen geblieben. Apropos Zeit stehen geblieben: Lediglich das Bundesheer stört hier mit seinem teilweise nicht eben allerallerneuesten Gerät bei Allentsteig dann und wann die Stille. Die Bevölkerung trägt ihr Schicksal mit Fassung. Sie lebt seit Jahrzehnten mit und wirtschaftlich zu einem Gutteil vom Truppenübungsplatz.
Seit dem Granatenbeschuss des Ortes am Mittwochabend jedoch ist es aus mit der Beschaulichkeit. Sogar Verteidigungsminister Norbert Darabos reist an, um den Schaden zu begutachten und eine „rasche, lückenlose Aufklärung“ des Vorfalls anzuordnen.
Die Worte erinnern an den Jänner des heurigen Jahres. Da hat wahrscheinlich eine Granate zum Tod einer Autofahrerin geführt. Ein Gericht wird nächstes Jahr zu klären haben, ob eine Nebelgranate während einer Übung zu nah an der A22 bei Korneuburg gezündet wurde. Kann zwischen den beiden Granatenvorfällen ein direkter Zusammenhang konstruiert werden? Das wäre wohl zu viel gesagt. Aber sicher nicht zu wenig gesagt ist, dass das Bundesheer seit Jahren – vor allem politisch – schleißig geführt und finanziell ausgeblutet wird. Und bei auf diese Weise malträtierten Organisationen steigt eben die Chance, irgendwann einmal auch schleißige Leistungen zu produzieren. (Berichte: Seite 12)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2009)