Die Vorbereitungen in Chemnitz ähnelten jenen von Paris oder Belgien, sagte der deutsche Innenminister über die Pläne eines 22-jährigen Terrorverdächtigen mit IS-Kontakt.
Zwei Tage nach dem brisanten Bombenfund in Chemnitz hat die Polizei den in ganz Deutschland gesuchten Terrorverdächtigen Jaber Al-Bakr in Leipzig festgenommen. Die Festnahme des 22-jährigen mutmaßlichen Islamisten aus Syrien gelang in der Nacht zum Montag. "Wir sind geschafft, aber überglücklich", schrieb die Polizei Sachsen in der Früh auf Twitter.
Der als Flüchtling registrierte Mann hat nach bisherigen Ermittlungen einen Bombenanschlag vorbereitet. Bei einer Anti-Terror-Razzia hatte die Polizei mehrere hundert Gramm hochexplosiven Sprengstoff sichergestellt, auch ein möglicher Komplize wurde festgenommen.
Die Polizei fasste den 22-jährigen Syrer nach Informationen des "Spiegel" um 0.42 Uhr in der Wohnung eines Landsmanns. Den habe Al-Bakr am Leipziger Hauptbahnhof angesprochen und gefragt, ob er bei ihm schlafen könne. Der Syrer lud ihn demnach zu sich nach Hause ein und informierte am Abend die Polizei, nachdem er von der Fahndung gehört hatte. Die Polizisten fanden Al-Bakr gefesselt in der Wohnung.
Hinweise auf islamistischen Hintergrund
In ganz Deutschland hatte die Polizei mit Hochdruck nach dem Verdächtigen gesucht, der Kontakte zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) haben soll. Vorgehensweise und Verhalten des Verdächtigen würden für einen "IS-Kontext" sprechen, sagte der Leiter des Landeskriminalamts Sachsen, Jörg Michaelis am Montag in Dresden. Die Sicherheitsvorkehrungen an Bahnhöfen und Flughäfen wurden verschärft.
Der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere sieht Parallelen zu den Anschlägen von Frankreich und Belgien. "Die Vorbereitungen in Chemnitz ähneln nach allem, was wir heute wissen, den Vorbereitungen zu den Anschlägen in Paris und Brüssel", sagte de Maiziere am Montag.
Die nach Terrorakten durch Flüchtlinge massiv unter Druck geratene deutsche Kanzlerin Angela Merkel dankte dem Syrer, "der die Polizei über den Aufenthaltsort des Verdächtigen informiert hat und somit entscheidend zur Festnahme beigetragen hat". Anerkennung für den "mutigen und verantwortungsbewussten syrischen Mitbürger" kam auch vom sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich.
Die deutsche Bundesanwaltschaft führt die Ermittlungen wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat. Es wurde deshalb erwartet, dass der Verdächtige noch am Montag in Karlsruhe dem Haftrichter vorgeführt wird. "Es deutet einiges auf einen islamistischen Hintergrund hin", erklärte ein Vertreter aus Sicherheitskreisen.
Über mögliche Anschlagsziele wurde nichts bekannt. "Focus"-Informationen, wonach ein deutscher Flughafen angegriffen werden sollte, wurden von den Behörden nicht bestätigt.
Am Samstag war der Mann noch dem Zugriff in Chemnitz entkommen. Die Beamten gaben in dem Plattenbau-Viertel einen Warnschuss ab und sahen ihn auch, konnten ihn aber nicht fassen. Das Landeskriminalamt wies Vorwürfe zurück, es sei eine Panne passiert.
Berliner Flughafen mögliches Anschlagsziel
In dem noch nicht geräumten Haus habe man zu Recht Sprengstoff vermutet, sagte ein LKA-Sprecher. "In so einer Situation können wir nicht ins Risiko gehen."
Nach Informationen von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR fanden sich in der Chemnitzer Wohnung etwa 500 Gramm bereits gemischter Sprengstoff und etwa ein weiteres Kilo Chemikalien, die zum Bombenbau geeignet sind. Außerdem stellte die Polizei Zünder sicher und Teile, die nach erster Bewertung zur Herstellung von Rohrbomben gedient haben könnten. Dem Bericht zufolge stand der Syrer offenbar über das Internet in Verbindung mit dem IS, auch über ein mögliches Ziel war anscheinend schon diskutiert worden - die Rede war von Berliner Flughäfen, was von Seiten der Behörden nicht bestätigt wurde.
In Chemnitz in Gewahrsam genommen und befragt wurde am Sonntag ein weiterer Mann, der Kontakt zu dem gesuchten Syrer gehabt haben soll, wie die Polizei zuvor mitteilte. Das Spezialeinsatzkommando hatte auch hier die Tür aufgesprengt.
(APA/dpa/AFP/Reuters)