Obama: G20 sollen G8 als "Weltwirtschaftsrat" ablösen

US-Präsident Barack Obama mit Japans Premierminister Hatoyama.
US-Präsident Barack Obama mit Japans Premierminister Hatoyama.(c) EPA (Shawn Thew)
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Das Forum der 20 wichtigsten Industrieländer soll die Funktion der G8 übernehmen. Gleichzeitig werden Schwellenländer mehr Mitspracherecht beim Währungsfonds IWF bekommen. China will ein Ende der Staatshilfen.

Die 20 stärksten Wirtschaftsnationen (G20) wollen heute (Freitag) eine neue Weltfinanzordnung auf den Weg bringen. Auf ihrem Gipfeltreffen im amerikanischen Pittsburgh müssen die Staats- und Regierungschefs ihren Streit um strengere Regeln für den Bankensektor zumindest im Grundsatz beilegen. Am Rande des Gipfels kam es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei.

Während die Staats- und Regierungschefs aus den 20 Ländern zusammen mit ihren Finanzministern in Pittsburgh eintrafen, wurden bereits vor der Eröffnung mit dem gemeinsamen Abendessen erste Entscheidungen bekannt. So soll die G20 künftig ein permanentes Forums der globalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit werden und damit zum Teil die G8 ablösen.

Die Gruppe der acht wichtigsten Industriestaaten werde sich weiterhin treffen, um gemeinsame Probleme zu erörtern, erklärte ein ranghoher Vertreter der US-Regierung. Die historische Funktion eines Aufsichtsrats der Weltwirtschaft werde aber künftig nicht mehr von der G8, sondern von der repräsentativeren G20 wahrgenommen werden.

Dies solle bereits am (heutigen) Freitag offiziell bekanntgeben werde, sagte der Beamte, der nicht namentlich genannt werden wollte. Zur G20, die in dieser Form erstmals vor etwa einem Jahr auf dem Höhepunkt der Finanzkrise zusammengetreten war, gehören auch wichtige Schwellenländer wie Indien, China und Brasilien.

Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Finanzminister Timothy Geithner gingen zum Auftakt der zweitägigen Konferenz davon aus, dass eine Einigung in der Frage der Regeln für den Bankensektor möglich ist. "Wir haben die Chance, doch in allen wichtigen Fragen voranzukommen", sagte Merkel. Sie hatte sich nach der Ankunft in den USA umgehend mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy abgestimmt.

Einigung auf Boni-Begrenzung

Laut US-Finanzminister Geithner haben sich die 20 führenden Wirtschaftsmächte bereits im Grundsatz auf eine Begrenzung der Boni für Bankmanager geeinigt. Jedes Land soll bis Ende des Jahres eigene Regeln für die Entlohnung der Banker aufstellen, die anschließend von einem internationalem Gremium überwacht werden sollen, wie Geithner zu Beginn des G20-Gipfels sagte. "Wir wollen sehr starke Regeln haben, um die von der Bezahlungsart motivierten Risiken zu begrenzen", sagte Geithner. Auch bei der Stärkung der Stellung Chinas im Internationalen Währungsfonds (IWF) sei eine Einigung möglich.

Die Aussicht auf schärfere Spielregeln versetzt die Banken rund um den Globus in Alarmstimmung: Sie könnten die in der Vergangenheit oft sagenhaften Gewinne und Gehälter deutlich drücken. Besonders die Banken in Europa fühlen sich bedroht. Ihnen dürften nicht stärkere Fesseln angelegt werden als der Konkurrenz in den USA und China, schrieb Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann in einem Beitrag für die "Neue Zürcher Zeitung" (Donnerstag). Ackermann ist Chef des Internationalen Bankenverbandes IIF.

"Hexenjagd auf Banker"

Bei Merkel und Sarkozy gab es offensichtlich Sorge, dass US-Präsident Barack Obama und sein enger Verbündeter, der britische Premier Gordon Brown, eine tiefgreifende Reform des Finanzsystems unterlaufen könnten. Die wichtigen Finanzmärkte in New York und London dringen auf möglichst wenige staatliche Regelungen.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso unterstrich die Bedeutung des Themas: "Europäer sind über Banken schockiert, von denen manche vom Geld der Steuerzahler abhängen, die erneut exorbitante Boni zahlen." Es gehe nicht darum, eine "Hexenjagd" auf Banker zu veranstalten, beteuerte Barroso. Es soll darum gehen, über neue Entlohnungsregeln die Anreizstruktur zu verändern und so für mehr Stabilität zu sorgen. Die übermäßigen Boni, die zur Aufnahme großer Risiken ermunterten, galten als Mitauslöser der Finanzkrise.

Am Rande des Gipfels kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Die Sicherheitskräfte trieben zunächst etwa 2000 Gipfelgegner auseinander, die sich zur Mittagszeit im Stadtzentrum versammelten. Am Abend zog dann eine Gruppe von 300 Demonstranten randalierend durch einen Stadtteil etwa eineinhalb Kilometer vom G20-Tagungszentrum entfernt. Sie zerschlugen Schaufenster und warfen mit Steinen auf die Polizei, die Reizgas und Schlagstöcken einsetzte. Nach offiziellen Angaben wurden 15 Menschen festgenommen. Ein Sprecher der Gipfelgegner sagte, die Polizei habe auch Gummigeschosse eingesetzt.

(Ag.)

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