Qualifizierte Schweißer gesucht

AUSSENMINISTER KURZ IN S�DAFRIKA
AUSSENMINISTER KURZ IN S�DAFRIKA(c) AUSSENMINISTERIUM/DRAGAN TATIC
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Österreichs Entwicklungszusammenarbeit finanziert in Johannesburg eine Schweißer-Akademie, die dem Fachkräftemangel abhelfen und zugleich die Arbeitslosigkeit bekämpfen soll.

Johannesburg. Manchmal werden auch die besten Angebote nicht genügend angenommen. Helmut Ulrich, Direktor von Böhler Uddeholm Africa in Johannesburg, steht im Besprechungsraum der südafrikanischen Firmenfiliale und zuckt mit den Schultern. Gerade hat er Außenminister Sebastian Kurz, Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl und österreichischen Geschäftsleuten wortreich präsentiert, was Böhler Uddeholm, die zur Voestalpine AG gehört, in Südafrika leistet. Seit 30 Jahren ist der Manager in Afrika, viel hat er erreicht. Nur ein vergleichsweise kleines Vorhaben bleibt bis heute hinter den Erwartungen zurück.

Das Projekt befindet sich im Erdgeschoß des Firmengebäudes. Vor acht Jahren hat Ulrich dort mit Unterstützung der Austrian Development Agency (ADA) eine Ausbildungswerkstatt für Schweißer eingerichtet. „Austrian Welding Academy“ prangt in großen Lettern an der Wand. Es gibt ein Zimmer für den Theorieunterricht und zwei Räume mit Schweißgeräten. Ulrichs Vision war es, daraus ein Trainingszentrum für hoch qualifizierte Schweißer zu machen, die nach europäischen Standards ausgebildet werden. Doch sein Ziel hat er längst nicht erreicht.

„In Südafrika mangelt es an gut ausgebildeten Topschweißern“, erklärt der Manager. Unternehmen aus der Autoindustrie, dem Maschinenbau oder auch der Energieerzeugung suchen händeringend nach hoch qualifizierten Fachkräften. Mit der Schweißerakademie wollte Ulrich dazu beitragen, diese Lücke zu füllen. Die Akademie bietet verschiedene Trainingskurse an, die Abschlüsse sind staatlich anerkannt. Doch die Schule ist nicht ausgelastet. Etwa 50 bis 60 Schüler durchlaufen dort jedes Jahr eine Ausbildung, das ist nur etwa die Hälfte dessen, was die Akademie derzeit leisten könnte.

Das Problem: Die Ausbildung ist teuer. Pro Kurs müssen die Schüler mehrere Hundert Euro berappen, die gesamte Ausbildung bis auf das höchste Niveau kostet einige Tausend Euro. Die Nachfrage sei nicht so groß, sagt Ulrich. „Wir können nicht die Kurse bezahlen.“ Von staatlicher Seite kommt keinerlei Förderung. Entweder bezahlen die Schüler selbst, oder es sind Firmen, die die Akademie mit der Ausbildung ihrer Schweißer beauftragen.

Dabei sind Projekte wie diese Akademie notwendig, um eines der größten Probleme des Landes zu lösen. Die Arbeitslosigkeit liegt offiziell bei 25 Prozent, doch die Hälfte der jungen Südafrikaner zwischen 16 und 30 Jahren sind ohne Job – mindestens, sagen Experten. „Die Situation ist dramatisch, eine ganze Generation ist arbeitslos“, sagt Brigitte Sachs-Schaffer von der Hilfsorganisation Don Bosco.

Gleichzeitig gibt es einen eklatanten Fachkräftemangel. Ulrich weiß von Großprojekten zu berichten, bei denen auf einen Schlag 400 Schweißer gebraucht wurden, die dann im Ausland rekrutiert wurden. Die Qualität der Ausbildung in Südafrika sei mangelhaft und ohne ausreichenden Praxisbezug. Die jungen Menschen seien nach dem Abschluss schlicht „nicht industrietauglich“, sagt Ulrich.

Schlechtes Schulsystem

Das Schulsystem bezeichnen Bildungsexperten als extrem schlecht, viele Schulabgänger verfügten nicht einmal über grundlegende sprachliche oder mathematische Kenntnisse. Von der Misere betroffen sind vor allem Jugendliche aus der schwarzen Bevölkerungsgruppe, die fast 80 Prozent ausmacht. In Südafrika gebe es viel zu wenige gut ausgebildete Schwarze, lautet der einheitliche Tenor bei ausländischen Geschäftsleuten. Das spießt sich mit einer Politik, die Unternehmen dazu verpflichtet, Schwarze zu beschäftigen. Wer sich diesen Vorgaben nicht fügt, hat keine Chance auf öffentliche Aufträge.

WKÖ-Präsident Leitl will bei seiner Afrikavisite das österreichische Modell der dualen Lehrlingsausbildung propagieren. Absolventen der Austrian Welding Academy hätten mit ihrer Qualifikation jedenfalls gute Erfahrungen gemacht, sagt einer der Ausbilder. 95 Prozent seiner Schüler der vergangenen zwei Jahre hätten einen Job bekommen – einer sogar in Dubai.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.10.2016)

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