Luxus-Restaurierungen: Alles wird gut

Kolosseum. Für 25 Millionen Euro darf Diego Della Valle mit Tod’s die Werbetrommel rühren.
Kolosseum. Für 25 Millionen Euro darf Diego Della Valle mit Tod’s die Werbetrommel rühren.(c) Beigestellt
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Publikumswirksame Wohltaten: Luxusmarken kümmern sich besonders in Italien um den Erhalt kulturellen Erbes.

Man möchte sich gar nicht ausmalen, wie es in den Büros von Fendi Anfang Juli zugegangen ist: Erst am Vortag des geplanten Termins kam, so CEO Pietro Beccari bei einem Galadiner in Roms Villa Borghese, von der Stadtverwaltung die Bewilligung, auf dem Trevi-Brunnen eine längst bis ins letzte Detail vorbereitete Modeschau abzuhalten. Dass es allerdings dazu kommen würde, stand – ungeachtet der Behäbigkeit der administrativen Kanäle – wohl schon vorab fest. Schließlich hatte Fendi (als Ausdruck der Verbundenheit mit der Stadt, die das Maison sich seit Kurzem in das Firmenlogo schreibt) die Restaurierung des Brunnens mit 1,5 Millionen Euro finanziert und sich so quasi das Event-Ticket gesichert. „Wir wollen dazu beitragen, Rom wieder großartig zu machen“, lautete Beccaris vollmundiger Kommentar.

Basilica di San Marco. Chanel kam für die Restaurierung des goldenen Löwen an der Fassade auf.
Basilica di San Marco. Chanel kam für die Restaurierung des goldenen Löwen an der Fassade auf.(c) Beigestellt

Ohnehin entspricht dieses Commitment einem Phänomen, das besonders in Italien vermehrt zu beobachten ist: Luxusmarken bemühen sich um den Erhalt des bedrohten kulturellen Erbes und treten als Sponsoren von aufwendigen Restaurierungsarbeiten bekannter Bau- und Kunstwerke auf. Ähnlich wie bei Maßnahmen der Corporate Social Responsibility (CSR), die häufig einen gemeinnützigen Charakter annehmen können, lässt sich hier an den Begriff des Branded Government denken. Das Prinzip lässt sich vom Sozial- auf den Kulturbereich übertragen: Potente Partner aus der Privatwirtschaft springen ein, wo die Mittel des Staates nicht ausreichen. Im Gegenzug darf man sich – frei nach dem nicht eben sympathischen Grundsatz „Do good and talk about it“ – seiner Großzügigkeit rühmen, ordentlich die Werbetrommel rühren und auf Imagetransfer hoffen. In einem von der Agentur Trendwatching publizierten Dokument zu diesem Thema wird angegeben, dass 73 Prozent der Millennials, also der heute 20- bis 35-Jährigen, nicht mehr glauben, Regierungen seien aus eigener Kraft fähig, große Herausforderungen zu meistern. Als umso einflussreicher müssen diese jungen Leute Marken wahrnehmen, die in Private-Public-Partnerships eine führende Rolle einnehmen können – ob die Vermittlung dieses Allmachtgefühls auch Kaufhandlungen auslösen kann, ist die Folgefrage.

Rialto-Brücke. Den Pitch für die Restaurierung der Attraktion gewann Renzo Rosso mit Diesel.
Rialto-Brücke. Den Pitch für die Restaurierung der Attraktion gewann Renzo Rosso mit Diesel.(c) Beigestellt

Wem gehört das Kolosseum? Die Stadt Rom (die amtierende Bürgermeisterin, Virginia Raggi, gehört dem Movimento Cinque Stelle von Beppe Grillo an) ist quasi pleite; kostspielige Projekte wie die Restaurierung des Trevi-Brunnens hätte man sich ebenso wenig leisten können wie die noch teureren Restaurierungsarbeiten am Kolosseum oder der Spanischen Treppe. Für letztgenanntes Projekt kamen die Geldmittel von dem in Rom beheimateten Juwelier Bulgari – wie Fendi Teil des LVMH-Konzerns –, die Renovierung des Kolosseums sponserte Diego Della Valle mit Tod’s, dem Flaggschiff seiner Luxusgruppe. Für die umfassenden Restaurierungen ließ Della Valle insgesamt 25 Millionen Euro springen, allerdings gab es einen Aufschrei, als die Details der Vereinbarung mit der Stadt bekannt wurden. Tod’s und in weiterer Folge der von Della Valle gegründete Verein Amici del Colosseo hatten sich für 15 Jahre das Recht gesichert, das Projekt zu kommunizieren und das Kolosseum als Logo zu verwenden – „Di chi è il Colosseo?“, wem das Kolosseum gehöre, fragte da die Tageszeitung „La Repubblica“.

Werbefläche am Canal Grande. Mitunter ist das Engagement für ein Restaurierungsprojekt Ausdruck der Verbundenheit einer Marke zu ihrer Heimatstadt – das trifft auch auf den unlängst kommunizierten Beginn von Arbeiten an der Fontana del Nettuno in Florenz zu, mit 1,5 Millionen Euro von Ferragamo finanziert (im Vorjahr hat man zur Erneuerung von acht Räumen in den Uffizien beigetragen). Sehr werbewirksam verliefen die Arbeiten am Ponte di Rialto in Venedig: Für fünf Millionen Euro durfte Renzo Rossos Flaggschiffmarke Diesel die Außenseite der Brücke über dem Canal Grande während der Restaurierungsarbeiten mit Werbemitteln verdecken (dieses Privileg blieb Tod’s am Kolosseum etwa versagt). Eine langjährige Partnerschaft verbindet Giorgio Armani mit dem seit 1975 für den Erhalt von Italiens kulturellem Erbe zuständigen Fondo Ambiente Italiano (FAI). Eines der publikumwirksamsten Projekte waren Arbeiten an der modernistischen Villa Necchi bei Mailand; die erste Zuwendung Armanis an den FAI fand schon 1983 statt: „Seit unserem ersten Zusammentreffen sind viele Jahre vergangen, und wir teilen weiterhin Projekte und die Leidenschaft, wunderbare Schöpfungen menschlicher Genies zu erhalten“, wird Armani in einer Aussendung zitiert. Eine ähnlich enge Kooperation verbindet auch die Prada-Gruppe mit dem in Florenz ansässigen Opificio delle Pietre Dure: In dieser Einrichtung des italienischen Kulturministeriums werden aufwendige Restaurierungsarbeiten ausgeführt. 

Fontana di Trevi. 1,5 Millionen Euro bezahlte Fendi für die Restaurierung des Brunnens in Rom..
Fontana di Trevi. 1,5 Millionen Euro bezahlte Fendi für die Restaurierung des Brunnens in Rom..(c) Beigestellt

Innige Beziehung. Interessant sind auch die punktuellen Auftritte ausländischer Luxusmarken als Sponsoren vergleichbarer Projekte. Chanel etwa finanzierte die Restaurierung des goldenen Löwen auf der Fassade der Markuskirche in Venedig (die Marke unterhält eine innige Beziehung zu der Stadt, die Gabrielle Chanel besonders geschätzt hat). Und Louis Vuitton kam für die Restaurierung des Gemäldes „La morte di Otello“ von Pompeo Molmenti auf, das in der ersten Ausstellung des Maison Louis Vuitton in Venedig gezeigt wurde.

Freilich finden sich vergleichbare Initiativen nicht nur in Italien. In Wien etwa ist unlängst eine Partnerschaft zwischen dem Belvedere und Swarovski angelaufen: Die Tiroler Lifestylemarke finanziert die Restaurierung zweier Gemälde von Ignaz Heinitz von Heinzenthal mit einem geschätzten Budget von 25.000 Euro. Dort, wo sich die beiden Kunstwerke üblicherweise befinden, hängt die zum Beginn der Vienna Design Week vorgestellte Installation „Hurricane“ des Designerduos Fredrikson Stallard.

Belvedere. Swarovski kommt für die Restaurierung zweier Gemälde von Ignaz Heinitz von Heinzenthal auf.
Belvedere. Swarovski kommt für die Restaurierung zweier Gemälde von Ignaz Heinitz von Heinzenthal auf.(c) Beigestellt

Eine weitere Spielart der konservierenden Zusammenarbeit sind sogenannte Bildpatenschaften, über die einem Museum Geldmittel eines Partners zufließen. Die österreichische Modemarke Airfield etwa ist Bildpate eines Gemäldes von Hans Markart in der Residenzgalerie Salzburg. In den Ausstellungsräumen ist diese Bildpatenschaft durch eine Logo-Platzierung an der Wand kenntlich gemacht, die scheidende Geschäftsführerin der Residenzgalerie, Gabriele Groschner, spricht von einer „Win-win-Situation für alle Beteiligten“.

Seit drei Jahren bemühte sie sich um das Gewinnen potenzieller Partner: „Das ist nicht viel Zeit, so etwas braucht länger, um erfolgreich anzulaufen.“ Auch wenn die von Bildpaten (neben Airfield übernahm auch die Uniqa eine Bildpatenschaft) beigeschossenen Beträge nicht per se für eine Restaurierung ausreichen würden, handle es sich doch um wichtige Impulse, so Groschner: „Zumindest konnten wir das Budget für Konservierung und Restaurierung des Museums um diese Beträge aufstocken.“ Im Gegenzug stehen den Bildpaten vereinzelt Räumlichkeiten des Museums für Veranstaltungen zur Verfügung – man kann das wohl, in einer anderen Größenordnung freilich, mit der Fendi-Show auf der Fontana di Trevi vergleichen. Wer Gutes tut, will wohl auch ein wenig Gutes zurückbekommen.

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