Mexiko: Panikattacken südlich des Rio Grande

Mexicos Präsident Enrique Pena Nieto
Mexicos Präsident Enrique Pena Nieto(c) REUTERS (CARLOS JASSO)
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Mexiko. Nach Trumps Wahl stürzte der Peso ab. Mexiko ist von den USA abhängig.

Buenos Aires/Mexico City. Als Donald Trump nicht mehr zu bremsen war, ging südlich des Río Bravo die Welt unter. „Ein schieres Desaster“, urteilte Jorge Castañeda, Politikprofessor an der New York University und vormals Außenminister Mexikos. „Wenn Trump ausführt, was er angekündigt hat, führt das in eine Katastrophe“, befürchtet Raúl Feliz, Professor am mexikanischen Wirtschaftsforschungszentrum Cide. „80 Prozent unserer Exporte gehen bisher in USA. Strafzölle und Handelsschranken dort würden hier eine gigantische Rezession auslösen.“

Als sich am Dienstagabend Trumps Sieg in den kritischen Swing States abzeichnete, stürzte Mexikos Währung, die seit Beginn des US-Wahlkampfs schon 40 Prozent ihres Werts eingebüßt hatte, brutal ab. Auf fast 21 zum Dollar fiel Mexikos Währung in der Wahlnacht, ein 10,5-Prozent-Verlust binnen weniger Stunden. Am Mittwochabend lag der Kurs bei knapp 20, immer noch 8,5 Prozent unter dem Vortageswert. Für den Peso begann am Dienstag „eine neue Phase“, schreiben die Analysten des Bankhauses BBVA Bancomer, die Kurse von 22 bis zu 26 Pesos pro Dollar für möglich halten.

Nun kommt alles auf Trump an. Ab dem 20. Jänner hat er die Macht, das Freihandelsabkommen einfach zu kündigen, das er für „den miesesten Handelsvertrag der Geschichte“ hält. Mit einem Federstrich könnte er Mexiko in eine Situation bringen, die allein mit jener Kubas nach dem Zerfall der Sowjetunion vergleichbar ist.

„Brutale Ungewissheit“

Bereits in der Wahlnacht rief Präsident Enrique Peña Nieto ein Krisenkabinett ein. Noch ehe die Trumps in das Weiße Haus einziehen, dürften Milliarden Dollar aus Mexiko abfließen. Dem Land drohen eine Kapitalflucht sowie ein drastischer Rückgang der Investitionen. Diese kamen bisher zu mehr als der Hälfte aus den USA.

In übler Vorahnung hatte Mexikos Regierungschef vor Wochen die Verträge mit den Vereinigten Staaten analysieren lassen und den wichtigsten Banken einen Stresstest verordnet. Das Ergebnis, so ein Kabinettsmitglied: Mexiko könnte davonkommen. „Aber die Ungewissheit wäre brutal.“ Das Schreckensszenario beschränkt sich nicht allein auf den Außenhandel. Trump hatte ja auch vorgeschlagen, die Überweisungen mexikanischer Gastarbeiter in die Heimat einzubehalten, um damit den Bau eines gigantischen Grenzwalls zu finanzieren. Und er drohte mit der Massenabschiebung illegaler Migranten.

Nun glauben viele – auch in Mexiko –, dass ein Präsident Trump nicht den Spielraum habe, um den südlichen Nachbarn vollkommen abzunabeln. Mexiko ist für die USA der drittgrößte Handelspartner nach China und Kanada, das Gesamtvolumen hat im Vorjahr 580 Milliarden Dollar betragen. Vor allem die südlichen Bundesstaaten sind wirtschaftlich eng verwoben. Und zum Teil von Republikanern regiert.

Aber Mexikos Regierung schwant es auch, dass Trump zumindest eine seiner Drohungen ausführen könnte, allein um seine Wähler zufriedenzustellen. Und jede Maßnahme kann Mexiko in eine Misere stürzen, die sich womöglich ein altbekanntes Ventil suchen wird: die 3142 Kilometer lange Nordgrenze.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.11.2016)

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