Sumatra: Suche nach Erdbebenopfern mit bloßen Händen

Erdbeben Indonesien
Erdbeben Indonesien(c) AP (Wong Maye-e)
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Bei dem heftigen Erdbeben sind laut UNO mindestens 1100 Menschen gestorben. Den Rettungskräften fehlt schweres Bergegerät. Eine 20-Jährige wurde nach mehr als 40 Stunden gerettet.

Nach dem schweren Erdbeben auf Sumatra suchen Rettungskräfte in den Trümmern von Häusern im Wettlauf gegen die Zeit nach Überlebenden. Das Fernsehen zeigt immer wieder Bilder von erfolgreichen Bergungen, doch meist finden die Retter nur noch Leichen. Die Zahl der Toten stieg nach Angaben des UNO-Nothilfekoordinators John Holmes in New York auf mindestens 1100. Die indonesische Regierung sprach unterdessen offiziell von 777 Toten und 440 schwer verletzten Menschen. Den Rettungskräfte fehlt es auch an schwerem Gerät, um tonnenweise Beton und Geröll beiseite zu räumen. Viele hundert Helfer gruben mit bloßen Händen nach Überlebenden.

"Wir brauchen dringend mehr Maschinen, weil immer noch viele Leute unter den Trümmern eingeklemmt sind", sagte Zul Ariman, Chef der Suchtrupps in der betroffenen Region West-Sumatra. Viele Straßen sind von Erdrutschen verschüttet, was Hilfslieferungen erschert. In der Großstadt Padang hat es am Donnerstag heftig geregnet. Die Lage ist völlig unübersichtlich.

Dennoch gibt es Lichtblicke: Am Freitag wurde etwa eine 20-Jährige nach mehr als 40 Stunden lebend aus den Trümmern geborgen. Sie wurde bei dem Beben in einer Fremdsprachenschule verschüttet. Völlig erschöpft wurde sie ins überfüllte Krankenhaus von Padang gebracht.

Obama sagt Hilfe zu

Aus Angst vor weiteren Nachbeben haben tausende Menschen die zweite Nacht in Folge im Freien verbracht. Sie bauten sich mit Plastikplanen und Zelten notdürftige Unterstände. Viele kampierten auch im Flughafengebäude. Der Strom war in weiten Teilen der Großstadt Padang noch nicht wieder hergestellt. In Turnhallen mehrten sich die gelben Leichensäcke, in denen die Opfer geborgen wurden.

Allein in der 900.000-Einwohnerstadt Padang zerstörte oder beschädigte das erste schwere Erdbeben vom Mittwoch 500 Häuser. Unter dem eingestürzten fünfstöckigen Ambacang-Hotel wurden Dutzende Verschüttete vermutet. Das Hotel hatte regelmäßig viele ausländische Gäste. Ob Touristen unter den Todesopfern sind, wusste am Freitag noch niemand.

Der indonesische Präsident Susilo Bambang Yudhoyono sagte in Jakarta: "Bereiten wir uns auf das Schlimmste vor". US-Präsident Barack Obama, der einen Teil seiner Kindheit in Indonesien verbrachte, sagte die volle Unterstützung seines Landes bei der Linderung von Not und Leid zu.

Schweres Erdbeben am Mittwoch

Keine 24 Stunden nach dem Tsunami in Samoa war am Mittwoch 7600 Kilometer weiter die Indonesische Insel Sumatra von Erdstößen der Stärke 7,6 nach Richter erschüttert worden. Weniger als einen Tag später, als die Bergungsarbeiten voll angelaufen waren, bebte die Erde erneut. Das Epizentrum des neuen Bebens mit der Stärke 6,8 nach Richter lag 150 Kilometer südlich der Großstadt Padang. Jenes des 7,6-Bebens vom Mittwoch 50 Kilometer nordwestlich der Stadt.

Das gesamte Ausmaß der Katastrophe ist weiter unklar. Viele von dem Beben betroffene Bezirke sind für die Rettungskräfte noch immer nicht erreichbar. "Wir gehen davon aus, dass Tausende gestorben sind", sagt der Chef des Krisenzentrums im Gesundheitsministerium, Rustam Pakaya. Österreicher sind nach dem Wissensstand des Außenministeriums in Wien nicht betroffen, wie Sprecher Peter Launsky-Tieffenthal am Donnerstag sagte.Mangel an Ärzten

Ununterbrochen strömten Verletzte ins Krankenhaus von Padang, das zum Teil ebenfalls eingestürzt war. In eilig aufgebauten Zelten wurden Knochenbrüche und Kopfverletzungen behandelt. "Wir haben zu wenig Ärzte und Krankenschwestern", sagte der Arzt Emilzon angesichts der vielen Verletzten.




Der indonesische Präsident Susilo Bambang Yudhoyono rief die Regierung auf, die Opfer mit Hilfe von Flugzeugen und Schiffen zu versorgen, da viele Straßen nur eingeschränkt passierbar waren. Die Regierung in der Hauptstadt Jakarta stellte knapp 18 Millionen Euro Soforthilfe zur Verfügung. "Wir haben 200 Ärzte und Krankenschwestern geschickt, acht Tonnen Medikamente, acht Tonnen Babynahrung und Zelte", sagte der Chef des Krisenzentrums.

Sumatra

Die zu Indonesien gehörende Insel Sumatra ist mit einer Fläche von 425.000 Quadratkilometern ungefähr fünfmal so groß wie Österreich und liegt am Pazifischen Feuerring. Auf der Insel gibt es mehrere aktive Vulkane. Die Gesamtfläche - Sumatra plus vorgelagerte Inseln, die verwaltungsmäßig dazugehören - beträgt 473.000 Quadratkilometer. Die 1750 Kilometer lange und bis zu 400 Meter breite Insel ist damit die sechstgrößte der Erde.

Sumatra wird vom Äquator durchquert, das Klima ist tropisch heiß, Niederschläge gibt es das ganze Jahr über. Die Insel hat mehr als 40 Millionen Einwohner, die größten Städte sind Medan, Palembang und das vom Erdbeben vom Mittwoch schwerst betroffene Padang an der Südwestküste mit rund 900.000 Bewohnern. Padang ist Hauptstadt von Sumatera Barat, einer von zehn Provinzen Sumatras.

Die Insel wird häufig von schweren Erdbeben erschüttert. Im März 2005 starben vermutlich knapp 1.000 Menschen. Das Epizentrum des Bebens, das den verheerenden Tsunami vom 26. Dezember 2004 mit rund 230.000 Toten auslöste, lag vor der Küste Sumatras. In der Provinz Aceh kamen damals 168.000 Menschen ums Leben.

Die Richter-Skala

Mit der internationalen Richterskala wird die Erdbebenstärke einheitlich bestimmt. Benannt wurde sie nach dem amerikanischen Seismologen Charles Francis Richter, der die Skala 1935 ausarbeitete. Es gelten folgende Kriterien:

Stärke 1-2: nur durch Instrumente nachweisbar.
Stärke 3: nur selten nahe dem Bebenherd zu spüren.
Stärke 4-5: 30 Kilometer um das Zentrum spürbar, leichte Schäden.
Stärke 6: mäßiges Beben, Todesopfer und schwere Schäden in dicht besiedelten Regionen.
Stärke 7: starkes Beben, das zu Katastrophen führen kann.
Stärke 8: Groß-Beben

Weltweit ereignen sich jährlich etwa 50.000 Beben der Stärke drei bis vier, 800 der Stärke fünf oder sechs und durchschnittlich ein Groß-Beben. Das stärkste auf der Erde gemessene Beben hatte eine Magnitude von 9,5 und ereignete sich 1960 in Chile.

(APA)

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