Budget: Eine 77,46 Milliarden Euro teure Debatte

MINISTERRAT: PRESSEBRIEFING - SCHELLING
MINISTERRAT: PRESSEBRIEFING - SCHELLING(c) APA/ROLAND SCHLAGER
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Am Donnerstag soll das Budget für 2017 im Parlament beschlossen werden. Zuvor wird aber noch drei Tage lang im Nationalrat debattiert. Die Koalition tritt wieder vereinter auf – die FPÖ fordert Neuwahlen.

Wien. Den Fehler, den man bei der Budgetrede gemacht hatte, wollte man dann doch nicht wiederholen. Wir erinnern uns: Als Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) Mitte Oktober die Finanzen für das kommende Jahr präsentierte, artete die Rede im Parlament in ein verbales Match zwischen Rot und Schwarz aus – also den Regierungsparteien, die sich eigentlich auf das Budget geeinigt hatten.

Gestern, Dienstag, ging es im Nationalrat dafür etwas weniger emotional zu, zumindest zwischen SPÖ und ÖVP. Die Opposition zeigte sich hingegen – wenig überraschend – unbeeindruckt und unzufrieden. In einem dreitägigen Marathon soll nun das Budget vom Parlament abgesegnet werden.

Als Auftakt standen die Kapitel Bundeskanzleramt und Oberste Organe, Justiz, Äußeres und Inneres zur Debatte. Letzteres Ressort gehört gemeinsam mit dem Verteidigungsministerium zu den großen Gewinnern bei den Budgetgesprächen für das kommende Jahr.

Lopatka mahnt SPÖ

So ganz konnten sich die Koalitionsparteien dann doch keine kleinen Sticheleien verkneifen: ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka mahnte die Kollegen von der SPÖ: „An der Spitze können wir nur bleiben, wenn wir auch Reformen setzen“, so sein Appell. Er lade alle – „insbesondere unseren Regierungspartner“ – ein, dies zu unterstützen. Dass die Regierung einen budgetpolitischen Schwerpunkt bei der Sicherheit setze, verteidigte er gegen die Kritik der Grünen. Und da er schon dabei war, forderte er von seinem Koalitionspartner erneut, eine Lösung bei der Mindestsicherung zu finden.

Und die SPÖ? Klubchef Andreas Schieder wollte sich den Bundeshaushalt des kommenden Jahres von der Opposition nicht schlechtreden lassen. Österreich sei budgetpolitisch nachhaltig unterwegs und sozial stabil. Zentral aus SPÖ-Sicht sei die Senkung der Arbeitslosigkeit.

FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache war hingegen so unzufrieden mit dem Budgetvorschlag der Regierung (und nicht nur), dass er für Neuwahlen plädierte. Beim Staatshaushalt herrschten „Tarnen, Tricksen und Täuschen“ vor. Die Abschaffung der kalten Progression sei nicht angegangen worden, und die „enorme Migrationswelle“ verursache weit mehr als die angeführten Kosten von zwei Milliarden Euro. Eine rasche Neuwahl sei der einzig richtige und konsequente Schritt, forderte er. Eva Glawischnig, Klubchefin der Grünen, vermisste wiederum die wesentlichen Entscheidungen von der Bildung über die Vermögensbesteuerung bis zum Klimaschutz. Neos-Chef Matthias Strolz kritisierte, dass Österreich erneut mehr Ausgaben als Einnahmen habe. Er fordere Reformen statt Schulden – auch auf seinem T-Shirt.

Das Budget 2017 (beschlossen wird es am Donnerstag) sieht Ausgaben von 77,46 Milliarden Euro – bei Einnahmen von 73,16 Milliarden Euro – vor. Das gesamtstaatliche Defizit soll bei 1,2 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen.

Strukturelles Nulldefizit

Abzüglich Einmaleffekten, Konjunkturschwankungen und Flüchtlingskosten will die Regierung außerdem das auf EU-Ebene vorgegebene strukturelle Nulldefizit (0,5 Prozent des BIPs) erreichen. Die wegen der Bankenkrise massiv gestiegene Staatsverschuldung soll nach dem Rekordwert des Jahres 2015 (85,5 Prozent der Wirtschaftsleistung) wieder deutlich auf 80,9 Prozent sinken. (APA/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2016)

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