Facebook will nach China zurück und hat eine Software entwickelt, die politisch unliebsame Inhalte unterdrücken kann. Dabei will die Führung in Peking Facebook auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht.
Peking. Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat mehrfach versucht, seine im Rest der Welt so weitverbreitete Social-Media-Plattform zurück nach China zu bringen. Doch vergeblich. Die Führung in Peking will die volle Kontrolle über das Internet, doch Facebook gewährleistet das aus ihrer Sicht nicht. Regierungsvertreter empfingen Zuckerberg zwar stets freundlich, erteilten seinem Ansinnen dennoch eine Abfuhr. Nun scheint Zuckerberg einen neuen Anlauf zu starten.
Nach Angaben der „New York Times“ hat Facebook eine Software entwickelt, die es der chinesischen Führung ermöglicht, Inhalte zu unterdrücken, die ihr politisch nicht genehm sind. Das US-Unternehmen will die Inhalte keineswegs selbst zensieren. Vielmehr überlässt sie es den Behörden vor Ort. Offiziell hat Facebook die Existenz dieser Software nicht bestätigt.
Unrealistisch ist dieses Gerücht nicht. Erst am Wochenende stellte Zuckerberg beim Asien-Pazifik-Gipfel im peruanischen Lima ein Bündel an Maßnahmen vor, die Falschinformationen aus dem Netzwerk heraussieben sollen. Von „besseren technischen Systemen“ sprach der Facebook-Chef, mit denen populistische Inhalte erkannt und als solche klassifiziert werden können, noch bevor Nutzer Beschwerde eingelegt haben. Nach der US-Wahl war Facebook in die Kritik geraten, die Verbreitung von Populismus und Falschinformationen im Netzwerk toleriert zu haben. Das habe den Wahlsieg Donald Trumps befördert, lautete der Vorwurf. Warum soll ein solches Kontrollinstrument nicht auch für China möglich sein?
Bis Mitte 2009 konnten Chinesen Facebook frei nutzen. Im Juli 2009 kam es in der Unruheprovinz Xinjiang im Nordwesten Chinas jedoch zu heftigen gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Chinesen und der dort lebenden muslimischen Minderheit, den Uiguren. Angeblich hatten sich die Uiguren über Facebook vernetzt. Die chinesische Führung blockierte daraufhin das soziale Netzwerk, ebenso Twitter, YouTube und eine Reihe weiterer ausländischer Internetdienste.
Mit über 800 Millionen Nutzern ist China der größte Internetmarkt. Während Google den chinesischen Markt aufgegeben hat, bemüht sich Zuckerberg weiterhin – auch persönlich. Er belegt Chinesischkurse, präsentiert sich den Fotografen chinesischer Medien gern an der Seite seiner Gattin, Priscilla Chan, die aus China stammt.
Bislang waren all seine Mühen vergeblich. Auch mit seiner Zensursoftware dürfte er bei der chinesischen Führung auf taube Ohren stoßen. Längst gibt es in China eigene Dienste. Sie heißen Weibo, Youku, Renren oder Baidu. „Dieses Instrument wird sich die chinesische Führung nicht nehmen lassen“, meint der Pekinger IT-Experte Li Xiangshu. „Da kann sich Zuckerberg noch so sehr anbiedern.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2016)