Türkei plant gemeinsame Präsidenten- und Parlamentswahlen für 2019.
Ankara. Die türkische Regierung will die Bevölkerung spätestens bis Mai nächsten Jahres über eine Verfassungsänderung abstimmen lassen, die Präsident Recep Tayyip Erdoğan viel mehr Macht einräumen würde. Präsidenten- und Parlamentswahlen sollen dann gemeinsam im Jahr 2019 stattfinden, wie Vize-Regierungschef Nurettin Canikli mitteilte.
Heute, Samstag, will die Regierungspartei AKP den entsprechenden Gesetzesvorschlag einbringen. Laut Canikli unterstützt auch die nationalistischen Oppositionspartei MHP das Vorhaben. Die beiden Parteien verfügen gemeinsam über genügend Stimmen im Parlament, um eine Volksabstimmung über die angestrebte Verfassungsänderung in die Wege zu leiten.
„Es sieht so aus, als könnte das Referendum im März oder April abgehalten werden, aber es könnte auch bis Mai dauern“, sagte Canikli. Die geplante Änderung würde es Erdoğan unter anderem erlauben, per Dekrete zu regieren – wie im derzeit geltenden Ausnahmezustand. Auch soll der Präsident künftig einer Partei angehören und deren Vorsitz übernehmen dürfen. Während die AKP argumentiert, die Türkei brauche einen starken Präsidenten, um regierbar zu sein, warnt die Opposition vor einer Diktatur.
Dutzende Akademiker festgenommen
Das derzeitige Vorgehen der Regierung gegen Anhänger der Gülen-Bewegung, die für den Putschversuch im Juli verantwortlich gemacht wird, verstärkt diese Befürchtungen. Seit Juli wurden mehr als 36.000 Menschen in Untersuchungshaft genommen, mehr als 75.000 Staatsbedienstete entlassen – ein Vorgehen, das Experten des Europarats am Freitag als verfassungswidrig einstuften. Ungeachtet dessen gab es neue Festnahmen: 51 Akademiker der Istanbul-Universität wurden inhaftiert. Nach 36 weiteren Akademikern werde noch gefahndet, hieß es. (ag./red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2016)