40 neue Notschlafplätze

Notschlafplätze in Lyon, Frankreich
Notschlafplätze in Lyon, Frankreich(c) APA/AFP/JEFF PACHOUD
  • Drucken

Die Quartiere sind voll, einzelne Obdachlose wurden vertröstet. Nun stehen erste neue Plätze bereit.

Wien. Es ist der Beginn einer der kältesten Nächte dieses Winters, minus sechs Grad zeigt das Handy, und es wird es noch kälter. „Bitte, kann ich zu Ihnen mitkommen? Haben Sie einen Schlafplatz?“, fragt ein junger Mann, unauffällig-gepflegtes Äußeres, akzentfreies Wienerisch, offenbar sehbehindert, in einer Gasse im dritten Bezirk. Die Notschlafstellen seien voll, sagt er, man habe ihn weggeschickt. Im P7, der Caritas-Stelle, die in Kooperation mit dem Fonds Soziales Wien (FSW) die Notschlafplätze koordiniert, habe man ihn vertröstet: Ab ein Uhr früh könne man ihm wohl ein warmes Bett anbieten. Später an diesem Abend sitzen auch auf der Mariahilfer Straße Obdachlose draußen und trinken gegen die Kälte. Ob sie einen Schlafplatz haben? Ja, sagt einer, später gehe er in die Notschlafstelle. Noch seien ihm da zu viele Menschen.

Die Lage für Wiens Obdachlose spitzt sich zu. Die Notquartiere sind voll. Müssen mittlerweile Leute weggeschickt werden? Nein, heißt es. Auch in der Nacht auf Mittwoch habe jeder einen Platz gefunden – wenn auch manchmal erst spät. Dass jemand weggeschickt wird und erst nach Mitternacht einen Schlafplatz bekommt, erklärt Martin Gantner von der Caritas damit, dass das P7 tagsüber Plätze zuweist, erfahrungsgemäß aber nicht alle Klienten auch in den Quartieren auftauchen. In diesen Betten können dann jene, die zuvor vertröstet werden mussten, schlafen. Die Situation sei angespannt, aber am Ende waren in der Nacht auf Mittwoch fünf Betten der Caritas frei.

Arbeit auf Hochdruck

In der Nacht darauf standen nun 40 zusätzliche Betten in Wien bereit, je 20 wurden im Haus Hermes des Roten Kreuzes und im Quartier des Samariterbundes in der Gudrunstraße aufgestellt. Im FSW spricht man von einer „logistischen Meisterleistung“. Tag und Nacht arbeite man mit Hochdruck an neuen Plätzen.

Der Bedarf ist heuer größer als erwartet. In den nächsten Tagen und Wochen sollen mindestens noch 100 Plätze entstehen. Im Herbst wurden die 300 ganzjährigen Notschlafplätze im Rahmen des FSW-Winterpaketes auf 1000 aufgestockt – ein neuer Rekord, und doch nicht genug. (cim)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Symbolbild
Österreich

Bitterkalte Nacht: Minus 22,4 Grad im Wienerwald

In Ostösterreich gab es vergangene Nacht verbreitet Tiefstwerte unter minus 10 Grad. Am kältesten war es in Klausen-Leopoldsdorf. Mit der großen Kälte ist es aber bald vorbei.
Archivbild: Eis auf Fahrbahn
Österreich

Blitzeis sorgt im Großraum Salzburg für Unfälle

Gefrierender Regen führte schlagartig zu Glätte, die Pannenhelfer waren im Großeinsatz.
Kein wintertauglicher Schlafsack und „wärmender“ Alkohol – in Nächten wie diesen kann die Kombination tödlich sein.
Wien

Kälte: Notquartiere sind am Limit

Mehr als 1000 Notschlafplätze stehen Obdachlosen in Wien zur Verfügung - ein neuer Rekord. Doch die Quartiere sind voll, nun werden mit Hochdruck zusätzlich Kapazitäten geschaffen.
Archvbild: Fernwärme aus der Spittelau
Wien

Kältewelle: Wien braucht fast ein Drittel mehr Fernwärme

Die Reservekapazitäten reichen laut Wien Energie aber auch für viel tiefere Temperaturen. Der Gasverbrauch war letzte Woche um 6 Prozent höher.
Symbolbild.
Wien

Deutlich mehr Anrufe beim Wiener Kältetelefon

Die Notschlafstellen in Wien sind fast ausgelastet. An Sachspenden besteht bei der Caritas nach wie vor Bedarf, vor allem Winterstiefel und lange Unterhosen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.