Hypo-Verkauf: Wer kassierte 145 Millionen?

(c) AP (Gert Eggenberger)
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Die Staatsanwaltschaft durchsuchte auch das Büro des früheren Hypo-Chefs Tilo Berlin. Der Fall kann erst aufgeklärt werden, wenn alle Begünstigten der ominösen 145- Mio.-Euro-Zahlung bekannt sind.

Wien/KlagenfurT. Die Affäre um den Verkauf der Hypo Group Alpe Adria weitet sich aus: Wie am Donnerstag bekannt wurde, durchsuchten Staatsanwälte auch das Büro des Vermögensverwalters und früheren Hypo-Chefs Tilo Berlin, die Berlin&Co Holding in Klagenfurt. Razzien gab es auch bei Berlins Anwaltskanzlei Wolf Theiss in Wien und bei der Grazer Wechselseitigen Versicherung, die noch einen kleinen Anteil an der Hypo besitzt.

Das Interesse der Justizbehörden gilt unter anderem jenen Hintermännern, die gemeinsam mit Berlin im Dezember 2006 ein Aktienpaket an der Hypo erworben und wenige Monate später mit einem kolportierten Gewinn von 145 Mio. Euro an die BayernLB weiterverkauft haben. Bis heute ist unklar, in welche Taschen das Geld geflossen ist.

Bankchef Schmidt wehrt sich

Die Münchner Justizbehörden ermitteln derzeit nur gegen den früheren BayernLB-Chef Werner Schmidt wegen des Verdachts der Untreue. Ihm wird vorgeworfen, die Hypo Group überteuert gekauft und damit die BayernLB geschädigt zu haben. Der Freistaat Bayern, dem die BayernLB gehört, prüft Schadenersatzansprüche gegen Schmidt. Oberstaatsanwältin Barbara Stockinger sagte, es werde vermutlich Monate dauern, um die beschlagnahmten Unterlagen auszuwerten.

In Deutschland äußerte die Grüne-Abgeordnete Eike Hallitzky die Vermutung, Schmidt habe sich „womöglich bereichert“. Denn Schmidt und Berlin seien Freunde gewesen. Beide haben Ende der 90er-Jahre bei der Stuttgarter LBBW-Bank gearbeitet. Nach Übernahme der Hypo machte Schmidt seinen Exkollegen zum neuen Chef der BayernLB-Tochter. „Wenn es da einen Zusammenhang gibt, wäre das ein Skandal“, sagte Hallitzky im Bayerischen Rundfunk.

Schmidt wies gestern alle Vorwürfe zurück. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung. Im Büro von Tilo Berlin heißt es, man werde die Behörden „in vollem Umfang“ unterstützen. Die Berlin&Co Holding werde nichtals Beschuldigter geführt.

Der Fall kann erst aufgeklärt werden, wenn alle Begünstigten der ominösen 145- Mio.-Euro-Zahlung bekannt sind. So ist der Deal abgelaufen:
Im Dezember 2006 schied BayernLB im Bieterverfahren um die Bawag aus. Zum Zug kam der Finanzinvestor Cerberus. BayernLB-Schmidt erklärte damals, er werde sich nach anderen Kaufgelegenheiten umsehen. Im gleichen Monat stieg Berlin mit vermögenden Privatpersonen bei der Hypo ein.
17.Mai2007: Die BayernLB erklärte, ein Angebot für die Hypo Kärnten legen zu wollen. Verkäufer waren das Land Kärnten und die Berlin & Co. Capital S.a.r.l.
21.Mai2007: Schon vier Tage nach der Ankündigung erzielten die BayernLB, das Land Kärnten und die Berlin & Co. Capital S.a.r.l eine Einigung. Die Deutschen bezahlten 1,6 Mrd. Euro für 50Prozent an der Hypo. Das Land Kärnten hatte die Privatisierung nicht öffentlich ausgeschrieben, obwohl sich auch Erste Bank und Raiffeisen dafür interessierten.

Berlin hatte mit geheimnisvollen Hintermännern binnen weniger Monate 145Mio. Euro verdient. Über die Berlin & Co. Capital S.a.r.l ist wenig bekannt. Fest steht nur, dass Veit Sorger, Präsident der österreichischen Industriellenvereinigung, dem Konsortium angehörte. Sorger will sich dazu nicht äußern. Dem Vernehmen nach profitierten auch die Flick-Stiftung sowie Leiner- und Kika-Eigentümer Herbert Koch vom Verkauf. Im Koch-Sekretariat hieß es gestern, der Manager sei im Ausland und nicht erreichbar.

Vorwurf der Parteienfinanzierung

Die Affäre bekommt auch eine politische Dimension. Die Kärntner Grünen fordern BZÖ und ÖVP auf, in diesem Zusammenhang alle Parteispenden seit 2007 offenzulegen. Denn beide Parteien hatten sich für die Übernahme durch die BayernLB eingesetzt. „Die Frage, ob Erlöse aus dem Verkauf als Parteispenden – etwa von der Berlin & Co. Capital S.a.r.l – an die am Deal beteiligten Kärntner Regierungsparteien geflossen sind,kann nur durch eine Offenlegung geklärt werden“, sagte Rolf Holoub, Chef der Kärntner Grünen. „Mich würde interessieren, womit das BZÖ die teuren Wahlkämpfe finanziert hat“, so Holoub. BZÖ und ÖVP weisen alle Vorwürfe zurück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2009)

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