Trumps Welt der „alternativen Fakten“ und der Fake News

Kellyanne Conway, eine der beiden Sprachrohre Donald Trumps, bereitet sich auf einen TV-Auftritt vor.
Kellyanne Conway, eine der beiden Sprachrohre Donald Trumps, bereitet sich auf einen TV-Auftritt vor. (c) APA/AFP/MANDEL NGAN
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Das Duo Kellyanne Conway und Sean Spicer vertritt die Politik des Präsidenten aggressiv nach außen.

Wien/Washington. Chuck Todd reagierte perplex auf den Konter von Kellyanne Conway in der Sonntags-Talkshow „Meet the Press“, einem Pflichtprogramm für Washingtons Politjunkies. Der Terminus Fake News war dem NBC-Moderator als Vorwurf im Sprachgebrauch des Trump-Teams ja längst vertraut. Doch als die Beraterin des Präsidenten ihn nun mit den „alternativen Fakten“ des Trump-Sprechers Sean Spicer im Zusammenhang mit den Besucherzahlen bei der Inauguration konfrontierte, traute Todd seinen Ohren nicht. „Warten Sie einmal. Alternative Fakten? Das sind keine Fakten, das sind falsche Behauptungen.“ Conway antwortete prompt, es sei an der Zeit, die Beziehungen zu den Medien zu überdenken.

Spicer sieht sich der Wahrheit verpflichtet. "Es ist unsere Absicht, Sie nie anzulügen", sagte Spicer am Montag bei einem Briefing vor Journalisten im Weißen Haus. "Ich glaube, wir müssen ehrlich sein zum amerikanischen Volk", betonte Spicer und fügte hinzu: "Wir tun alle unseren Job so gut wie wir können." Er blieb allerdings bei seiner Darstellung, Trumps Vereidigung habe die größte Zahl von Zuschauern aller Amtsantritte von US-Präsidenten angezogen. Er erklärte dies damit, dass Millionen von Menschen das Ereignis auf Internetkanälen wie Youtube verfolgt hätten. Diese Möglichkeiten standen bei früheren Präsidenten nicht oder nicht in der derzeitigen Ausbaustufe zur Verfügung.

Conway und Spicer, die Spindoktoren der Trump-Regierung, sind übergangslos vom Verteidigungs- in den Angriffsmodus übergegangen. Noch selten war das Verhältnis zwischen dem Weißen Haus und den US-Korrespondenten zu Beginn einer Präsidentschaft so strapaziert wie unter Donald Trump. „Wir haben einen Krieg mit den Medien“, erklärte Trump kaum 24 Stunden nach seiner Angelobung bei seinem Besuch im CIA-Hauptquartier unverblümt. Spicer beendete sein Statement im ersten Pressegespräch, ohne überhaupt Fragen zuzulassen. Er drohte damit, die Medien zur Rechenschaft zu ziehen – eine bewährte Methode Trumps als Unternehmer und Wahlkämpfer.

Dabei waren die US-Medien durch Spekulationen über einen Ortswechsel für die Pressekonferenzen und eine Verlegung der Korrespondentenkojen ohnehin bereits in heller Aufruhr. Das Briefing durch den Pressesprecher im Weißen Haus während der Arbeitswoche, üblicherweise am Nachmittag und oft nicht sonderlich ergiebig, gilt ihnen als Pflichttermin. Manche Berater empfahlen dem Präsidenten, nicht sofort die Konfrontation mit den Journalisten zu suchen. Die Hardliner setzten sich durch. Ursprünglich dachte Trump ja daran, Laura Ingraham, die ultrakonservative Moderatorin einer Radiotalkshow, als Kommunikatorin der Regierungsarbeit in sein Team zu holen. Nun vertraut er vorerst auf das Duo Conway/Spicer.

Legendäre Schreiduelle am Telefon

Spicer hat in Washington einen berüchtigten Ruf. Seine Schreiduelle mit Journalisten per Telefon sind legendär. Conway hatte als Strategin im Wahlkampf einen mäßigenden Einfluss auf Trump. Statt die Gemüter zu beruhigen, fachte sie den Konflikt mit der Presse indessen nur noch weiter an. Der Präsident denke nicht daran, seine Steuererklärung zu veröffentlichen, erklärte sie in der ABC-Sonntagsshow „This Week“. Die US-Bürger seien daran nicht interessiert, eher an ihrer eigenen – nämlich an niedrigeren Steuern. Laut Umfragen spricht sich indes eine klare Mehrheit – zwischen 60 und 74 Prozent – für eine solche Veröffentlichung aus.

Conway und Spicer werden sich wohl auf weitere kritische Fragen einstellen müssen – etwa über die Kontakte Michael Flynns, des Sicherheitsberaters Trumps, zur russischen Regierung, die Gegenstand einer Untersuchung durch die US-Geheimdienste sind. Vor seinem Amtsantritt sorgten dessen Telefonate mit dem russischen Botschafter in den USA für Aufsehen. Verfassungsrechtler erwägen derweil eine Klage gegen Trump wegen möglicher Interessenkonflikte. Im Mittelpunkt des Interesses steht dabei das Trump Hotel in Washington.

Der neue Präsident verteilte derweil seine Gunst unter den ausländischen Staats- und Regierungschefs. Theresa May gewann das Rennen um den prestigeträchtigen ersten Besuch im Weißen Haus. Die britische Premierministerin wird am Freitag das Debüt geben, gefolgt von Enrique Peña Nieto, dem mexikanischen Präsidenten, und Kanadas Regierungschef, Justin Trudeau. Im Februar wird Benjamin Netanjahu nach Washington reisen. Wie May baut Israels Premier auf ein spezielles Vertrauensverhältnis.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2017)

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