NFL-Champion lehnt Empfang bei Trump ab

NFL: Super Bowl LI-New England Patriots vs Atlanta Falcons
NFL: Super Bowl LI-New England Patriots vs Atlanta Falcons(c) USA Today Sports/ Reuters
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Patriots-Quarterback Tom Brady, 39, schrieb mit dem fünften Sieg NFL-Geschichte, ein legendäres Finale gegen Atlanta endete erst in der Verlängerung. Martellus Bennett kündigt Boykott des Besuches beim US-Präsidenten an.

Houston. Gewinnen US-Sportler einen Titel, gebieten es Tradition und Höflichkeit, dass sie vom US-Präsidenten im Weißen Haus empfangen werden. Nun wird den Footballern der New England Patriots nach dem Triumph im 51. Super Bowl und dem 34:28-Sieg nach Verlängerung über die Atlanta Falcons diese Ehre bereits zum fünften Mal zuteil. Für Quarterback Tom Brady ist es nach den Würfen, Feiern und Auszeichnungen längst ein gewohnter Termin. Er war erstmals 2002 in Washington zu Gast, empfangen von George W. Bush. Einmal war Barack Obama vom Charme des Superstars begeistert, in zwei Wochen wird ihn sein Freund Donald Trump, an dieser Feststellung ließen beide Seiten keinen Zweifel, mit einer Zeremonie begrüßen.

Brady hat Football-Geschichte geschrieben als erster Quarterback, der fünf NFL-Ringe gewinnen konnte. Er hat sein Idol, Joe Montana, übertroffen. Er hat auch Steelers-Legende Terry Bradshaw (beide tragen vier Ringe) hinter sich gelassen – und trotzdem, nicht ganz Amerika freut sich mit ihm. Und ein Held ist der Mann von Gisele Bündchen für die meisten Amerikaner schon gar nicht.

Ein Patriot-Spieler wehrt sich

Er ist kontroversiell, seine Ansichten ebenso, vor allem aber seine Nähe zu Trump irritiert sogar auch Wegbegleiter. Aus Protest gegen Trumps Politik will Patriots-Spieler Martellus Bennett nicht zur Ehrung mitreisen. „Ich werde nicht gehen“, sagte der Footballer noch im NrG-Stadium von Houston.

Seine Absage erklärte der Tight End schnell, er habe sich wiederholt kritisch zu Trump geäußert. Nach dem Einreisestopp für Bürger von sieben muslimischen Ländern twitterte er: „Amerika wurde auf Einbeziehung errichtet, nicht auf Ausschluss.“ Bennett zeigte sich unbesorgt, dass er Trump-Sympathisanten wie Klubchef Robert Kraft, Trainer Bill Belichick oder Star-Quarterback Brady gegen sich aufbringen könnte. Politische Meinungsverschiedenheiten störten den Teamgeist nicht. Jeder habe seine Ansichten und im „Land of the free“ dürfe man seine Meinung offen kundtun. Oder?

43 Pässe, 466 Yards und Trump

Im Gegenzug war vieles vergessen, was zuvor noch auf dem Spielfeld gefeiert worden war: die größte Aufholjagd in der Historie des Super Bowl nach einem 3:28-Rückstand, grandiose Touchdowns, eine 2-Point-Conversion, Interceptions und furios aufspielende Patriots unter der Regie Bradys (43 Pässe, 466 Yards), die in der ersten Verlängerung seit 1967 die Oberhand behalten sollten. Dass Brady wertvollster Spieler der Partie wurde, verstand sich von selbst, dass es Rekord ist ebenso. Doch prompt dominierte wieder die Politik. Bennetts Auftritt folgte die erste Twitter-Meldung, der Sport war vorbei. „Unglaubliches Comeback und unglaublicher Sieg“, schrieb Trump. „Brady, Kraft und Coach B sind totale Gewinner. Wow!“

Auch einige der hochpreisigen Werbespots (60 Sekunden für zehn Millionen Dollar) nahmen sich der politischen Lage an, es war ein Signal: Sie waren deutlich politischer als je zuvor. Vor allem Budweiser, Coca-Cola und AirBnB hatten ihre Themen auf Menschen verschiedener Herkunft, Einwanderung, Akzeptanz und bunte Gesellschaft abgestimmt.

Buhrufe für Ligachef Goodell

Doch nicht nur der US-Präsident galt als Buhmann, auch Ligachef Roger Goodell bekam zu hören, was die Fans von ihm, seiner Arbeit und Strafen (Stichwort: Deflategate) hielten. Er war erstmals seit zwei Jahren bei einem New-England-Spiel live dabei und musste Brady, den er für vier Spiele gesperrt hatte, die Lombardi-Trophy überreichen. Goodell wurde ausgepfiffen, erntete im so auf Etikette bedachten US-Sport seltene Buhrufe. Klubchef Robert Kraft, Milliardär der Papier- und Verpackungsindustrie, sagt: „Das ist der süßeste Sieg von allen.“ (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2017)

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