Unter Ex-Kanzler Werner Faymann gab es einen Streit um eine Quotenregelung. Nachbesetzungen sind nach wie vor heikel.
Wien. Freitagvormittag, Juni 2016, in der Wiener Messehalle: Christian Kern ist schon Bundeskanzler Österreichs. Aber noch nicht Parteichef: Erst am Tag darauf wird er sich auf dem SPÖ-Bundesparteitag der Wahl stellen. Davor hat er aber einen Auftritt bei den SPÖ-Frauen: „Bleibt's lästig, und zwar so richtig“, ruft er den Genossinnen zu. Und: „Gemeinsam sind wir unstoppable.“
Der Auftritt, die Ansprache sind in dieser Zeit besonders wichtig. Auch für Kerns Ergebnis bei der Wahl zum Parteiobmann. Denn das Verhältnis von SPÖ und SPÖ-Frauen ist zumindest nicht ganz friktionsfrei. Zwei Jahre zuvor wurden dem damaligen Kanzler, Werner Faymann, (unter anderem) die Parteijugend und Frauen zum Verhängnis: Er erhielt nur 83,9 Prozent der Delegiertenstimmen.
Das Problem, das in der Sozialdemokratie herrscht: Obwohl die Frauenpolitik per se eine große Rolle in der Partei(-Geschichte) spielt, spiegelt sich dies nicht immer bei der Postenvergabe wider. Zu oft würden Männer den Vorzug erhalten, die eigenen Quotenregelungen in der Partei nicht eingehalten werden. Einer der großen Konfliktpunkte war die Nachfolge der verstorbenen Nationalratspräsidentin Barbara Prammer im Parlament. Eigentlich hätte ihr laut Statuten eine Frau nachfolgen sollen, allerdings einigte sich Oberösterreich darauf, den – männlichen – Listennächsten in den Nationalrat zu entsenden. Für viele SPÖ-Frauen ein Affront.
Bund hat Durchgriffsrecht bei Listen
Zumindest für die kommenden Wahlen wurde schließlich ein Kompromiss gefunden: Erstmals hat der Parteivorstand die Möglichkeit, Listen mit einem zu geringen Frauenanteil abzuweisen.
Noch ist das Verhältnis zwischen Kanzler Kern und den SPÖ-Frauen ein durchaus gutes. Die Frage, wer nach dem Tod von Ministerin Sabine Oberhauser die Frauenagenden übernimmt, war aber eine seiner ersten Nagelproben (siehe S. 7). (ib)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.03.2017)